Christliche Vollkommenheit in Ellen G. Whites Schriften
Mein Interesse am Thema Vollkommenheit und mein darauffolgendes Studium in den Schriften des Geistes der Weissagung erwachten, als ein junges Mädchen nach dem Gottesdienst mit meinem Mann und mir sprechen wollte. Sie war in Tränen aufgelöst und erklärte, dass sie ihre geliebte Kirche verlassen müsse, weil sie nicht gut genug sei, sie den Standard nicht erreiche und fürchte verloren zu sein.
Mein Mann entgegnete ihr: „Allein die Tatsache, dass Du so empfindest, zeigt, dass Gott an Deinem Herzen arbeitet, um Dich zu retten. Jesus wird Dich nie im Stich lassen.“
„Wir müssen alle vollkommen sein … ich bin niemals gut genug.“
„Du verstehst das nicht“, sagte sie. „Ich bekam Material und Videos zu diesem Thema. Wir müssen alle vollkommen sein, dürfen nie sündigen, sonst werden wir aus der Gemeinde ausgesichtet und empfangen die Plagen. Und egal wie sehr ich mich bemühe, ich bin niemals gut genug.“
Dann fanden wir heraus, dass einige Geschwister wohlmeinend Material verteilt und mit den jungen Leuten im privaten Kreis studiert hatten. Dabei hatten sie erzählt, dass die ganze Gemeinde vollkommen sein muss, ansonsten kann Jesus nicht wiederkommen – und falls wir als Einzelne nicht vollkommen werden, sind wir für die Verzögerung Seiner Wiederkunft verantwortlich.
Leider scheint auch heute niemand dieses Thema anschneiden oder zumindest eine ausgewogenere Sicht zur Frage der Vollkommenheit darlegen zu wollen.
Der Themenbereich christliche Vollkommenheit und Sündlosigkeit ist so umfangreich, dass man ein ganzes Leben damit zubringen könnte, es in aller Tiefe auszuloten. Viele mühen sich, die Schriften von Ellen G. White zur christlichen Vollkommenheit zu verstehen. Hier wollen wir nur einen Blick auf einige Aussagen werfen, die selten erwähnt oder zitiert werden. Diese Streitfrage hat schon Gemeinden, Freundschaften und Missionswerke gespalten, aber richtig verstanden sollte sie uns vereinen und näher zusammenbringen.
Ein Studium von Ellen Whites Schriften zeigt, das wahre Heiligung nicht ohne Liebe und Selbstaufopferung auskommt:
„Wahre Heiligung kommt durch das Ausleben der Grundsätze der Liebe. „Gott ist Liebe; und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm.“ 1Joh. 4,16. … Sein Charakter wird gereinigt, geheiligt, veredelt und verklärt. (WA 557.3)
„Wer die Segnungen der Heiligung erlangen will, muss zuvor verstehen lernen, was Selbstaufopferung bedeutet. … Einzig und allein die Liebe zu unseren Mitmenschen, die sich wie ein Wohlgeruch ausbreitet, beweist unsere Liebe zu Gott. Nur geduldiges Dienen schenkt der Seele Frieden. (WA 557.4)“
Im englischen Wörterbuch Noah Websters Dictionary von 1828 wird moralische Vollkommenheit folgendermaßen definiert:
„Moralische Vollkommenheit ist der Vollbesitz aller moralischen Vortrefflichkeit, wie im Höchsten Wesen; oder der Besitz solcher moralischer Qualitäten und Tugenden zu denen ein Gegenstand fähig ist.“ (NWAD PERFECTION.4)
Das ist eine interessante Definition, bei der zwei „Sphären“ der Vollkommenheit beschrieben werden, einmal die moralische Vortrefflichkeit Gottes und moralische Qualitäten „zu denen ein Gegenstand fähig ist“. Dieses Konzept wird im nächsten Abschnitt verständlicher.
Die Perfektion des Charakters – Gibt es im Geist der Weissagung einen Unterschied zwischen Vollkommenheit und Sündlosigkeit?
Es gibt öfter scheinbar widersprüchliche Aussagen in den Schriften von Ellen G. White. Einige erklären, dass wir christliche Vollkommenheit erreichen sollen, andere, dass wir niemals sagen dürfen, ohne Sünde zu sein. Aber wenn wir genau auf ihre Worte achten, werden wir eine klare Abgrenzung zwischen „Vollkommenheit“ einerseits und „Sündlosigkeit“ andererseits sehen. Aus ihren Schriften geht eindeutig hervor, dass sie das Erreichen der Vollkommenheit als beständiges Streben zur Überwindung der Sünde von innen und dem Bösen von außen definiert.
„Wir müssen täglich gegen das Böse von außen und die innere Sünde ankämpfen, um die Vollkommenheit des christlichen Charakters zu erlangen.“ – (The Review and Herald, 30. Mai 1882, 3SM 148.3)
„Mit dem Geist Christi, dem Vorbildcharakter vor Augen, müssen wir fortwährend nach Vollkommenheit streben. Jede Seele hat einen Charakter für die Ewigkeit zu formen. Das Leben des Christen ist ein beständiger Krieg gegen die Sklaverei der Leidenschaft.“ {21MR 169.4}
„Wir müssen vollkommene Christen sein, uns selbst den ganzen Weg lang verleugnen und den schmalen, dornigen Weg beschreiten, den Jesus beschritt, und dann, wenn wir am Ende Überwinder sind, ist der Himmel, der liebe Himmel billig genug.“ (Letter 5, 1851.4)
„Derjenige, der bis zum Ende ausharrt, wird gerettet werden. Diejenigen, die geduldig und beständig Gutes tun, die werden ewiges Leben und den unsterblichen Lohn haben.“ (FLB 359.5)
„Die Entwicklung des christlichen Charakters, hin zum Zustand der Vollkommenheit, ist ein Wachstum hin zur Schönheit … Wie das Herz durch die Erneuerung des Sinnes verändert wird, hinterlässt auch die Anmut des Geistes ihre Spuren auf dem Gesicht und drückt das Verfeinern, die Empfindsamkeit, den Frieden, das Wohlwollen und die reine und sanfte Liebe aus, die im Herzen regiert.“ (ML 153.5)
„Niemand braucht in seinem Bemühen, in seinem Bereich einen vollkommenen christlichen Charakter zu erlangen, zu verzagen. Durch das Opfer Christi sind alle Vorkehrungen getroffen, dass der Gläubige all das empfängt, was zum Leben und göttlichen Wandel dient. Gott fordert uns auf, nach der Vollkommenheit zu streben. Den Charakter Christi hat er uns als Vorbild gegeben. Durch beharrlichen Widerstand gegen das Böse bewies der Heiland in den Tagen seines Menschseins, dass Menschen durch das Zusammenwirken mit Gott bereits in diesem Leben die Vollkommenheit des Charakters erlangen können. Damit gibt Gott die Gewähr, dass auch wir einen völligen Sieg erringen können.“ (WA 529.1)
„Die Anordnung Christi lautet: „Darum sollt ihr vollkommen sein, gleichwie euer Vater im Himmel vollkommen ist!“. Er zeigt uns hier, dass wir in unserem Bereich so vollkommen sein sollen, wie Gott es in Seinem Bereich ist.“ (4TT 454-455; CD 133.2)
Es ist genauso klar, dass wir in unserem Bemühen und Kampf gegen unsere gefallene Natur und das Böse um uns herum nicht allein sind. Unser Beitrag in diesem Krieg ist es, uns zu fügen, zu streben, auszuhalten und durch Glauben „mit der Gottheit zu kooperieren“.
Judas 24: „Dem aber, der euch vor dem Straucheln behüten kann und euch untadelig hinstellen kann vor das Angesicht seiner Herrlichkeit mit Freuden,“ (Luther 2017)
Das im Original verwendete Wort für „untadelig hinstellen“ hat eine erstaunliche Anwendungsfülle. Es deutet an, dass Gott während dieses Prozesses bei uns „wohnt, herbeibringt, mit uns weitermacht, uns feierlich schwört, aufrichtet, emporhält, und beisteht“. Was für ein ermutigendes Versprechen! Wer vollbringt dieses Werk? Er wird es tun! Er wird uns nicht auf uns gestellt kämpfen lassen und am Schluss, wenn wir es dann doch geschafft haben vor den Vater bringen und sagen: „Der hier hat es geschafft … leider haben es andere nicht geschafft – So ein Pech!“ Nein, Jesus selbst ist daran beteiligt und geht jeden Schritt des Weges mit uns.
Ein „Kleines Wörterbuch zum Neuen Testament: Griechisch-Deutsch, Deutsche Bibelgesellschaft“ von Rudolf Kassühlke (Deutsche Bibelgesellschaft, 1997) definiert das griechische Wort ἵστημι, histēmi (hinstellen), aus dem Judasbrief folgendermaßen:
„“ἵστημι, stellen, aufstellen, aufrichten, festsetzen, bestimmen, zahlen, hinzählen, anrechnen, zurechnen, stehen, stillstehen, stehenbleiben, feststehen, bestehen, Bestand haben, dastehen, da sein, sich befinden, durchstehen, widerstehen, standhalten, vor Anker liegen“ [Im engl. Original wird aus der umfangreicheren „Strong Concordance“ zitiert – dort werden noch feierlich schwören, bringen, emporhalten, beistehen, Blutfluss stillen und legen erwähnt – Anm. d. Übs].
Wie können wir christliche Vollkommenheit deuten? In den nachfolgenden Zitaten wird dieser Zustand beschrieben, wenn unsere Sünden durch Sein Opfer „vollkommen vergeben“ sind. Um es anders auszudrücken: Obwohl wir danach streben, in Einklang mit Gottes Willen und Seinem Gesetz zu leben, werden wir manchmal fallen und Fehler machen, aber wenn wir unsere Sünden bekennen und an Sein versöhnendes Blut glauben, wird Jesus uns vergeben und dann werden wir „reuige Sünder vor Gott gerechtfertigt und angenommen stehen“, als ob wir nie gesündigt hätten. Dieser Prozess wird zu christlicher Vollkommenheit führen.
„Wir sollen nicht darum besorgt sein, was Gott und Christus von uns denken, sondern was Gott über Christus, unseren Stellvertreter denkt.“
Wir haben in unserer gefallenen Natur, „in unserem Bereich“, alles getan, was wir können, wir haben bereut und die uns bekannten Sünden abgelegt – jetzt ist es an Christus für uns in „Seinem Bereich“ zu wirken. Vollkommenheit ist nicht davon abhängig, wie vollkommen wir sind, sondern von unserer Reue und wie vollkommen Gott vergibt.
„Leibliche Vollkommenheit allerdings ist nicht zu erreichen, wohl aber eine christliche Vollkommenheit der Seele. Durch Jesu Opfertod werden unsere Sünden vollkommen vergeben. Wir sollten uns dabei aber nicht auf das verlassen, was der Mensch tun kann, sondern auf das, was Gott durch Christus für den Menschen tun kann. Durch den Glauben an Sein Blut werden alle vollkommen gemacht in Jesus Christus. Gott sei gedankt, dass wir nicht mit Unmöglichem zu tun haben. Wir dürfen Heiligung in Anspruch nehmen. Wir dürfen uns über Gottes Gunst freuen. Wir sollen nicht darum besorgt sein, was Gott und Christus von uns denken, sondern was Gott über Christus, unseren Stellvertreter denkt.“ (2SM 32.3)
„Wir sollen Gott nicht dienen, als ob wir nicht menschlich wären, aber wir sollen ihm in der Natur dienen, die wir haben, die vom Sohn Gottes erlöst wurde. Durch die Gerechtigkeit Christi werden wir vergeben vor Gott stehen, als ob wir nie gesündigt hätten.“ (Manuscript 1 1892, 3SM 140.5)
„Aber auch wenn die Nachfolger Christi gesündigt haben, haben sie sich nicht der Kontrolle des Bösen übergeben. Sie haben ihre Sünden abgelegt und den Herrn in Demut und Reue gesucht und der göttliche Fürsprecher bittet für sie. Er, den ihre Undankbarkeit am meisten beleidigte, der ihre Sünde kennt und auch ihre Reue, erklärt: „Der HERR schelte dich, du Satan“, ich gab mein Leben für diese Seelen. Sie sind in meine Hände eingezeichnet.“ (CCh 353.2)
Können wir in Übereinstimmung mit Gottes Gesetz kommen?
„Johannes lehrte nicht, dass das Heil durch Gehorsam erworben werden sollte, wohl aber, dass Gehorsam die Frucht des Glaubens und der Liebe ist … Wenn wir in Christus bleiben, wenn Gottes Liebe in uns wohnt, dann werden unsere Gefühle, Gedanken und Handlungen mit Gottes Willen übereinstimmen. Ein geheiligtes Herz ist im Einklang mit dem göttlichen Gesetz.“ (WA 560.3)
„Das ist der Wille Gottes, eure Heiligung.“ 1Thess 4,3. Ist das auch dein Wille? Deine Sünden mögen sich wie Berge vor dir auftürmen, doch wenn du dich von Herzen vor Gott demütigst, ihm deine Sünden bekennst und dich auf die Verdienste des gekreuzigten und auferstandenen Heilandes verläßt, wird er dir vergeben und dich von aller Ungerechtigkeit reinigen. Gott erwartet von dir völlige Übereinstimmung mit seinem Gesetz.“ (WA 563.3)
„Der Neue Bund beruhte auf „besseren Verheißungen“ (Hebräer 8,6), den Verheißungen der Sündenvergebung und der Gnade Gottes, die das Herz erneuert und in Übereinstimmung mit den Grundsätzen des Gesetzes Gottes bringt. „Das soll der Bund sein, den ich mit dem Hause Israel schließen will nach dieser Zeit, spricht der Herr: Ich will mein Gesetz in ihr Herz geben und in ihren Sinn schreiben, … Ich will ihnen ihre Missetat vergeben und ihrer Sünde nimmermehr gedenken.“ Jeremia 31,33.34. (PP 350.3)
„Gottes Gesetz ist der Spiegel, der den Menschen genauso reflektiert, wie er ist, und ihm sein exaktes Ebenbild vorhält. Manche werden sich abwenden und dieses Bild vergessen (siehe Jakobus 1,23-25), während andere dem Gesetz beleidigende Attribute geben, als ob dies ihre Charakterfehler verbessern würde. Wieder andere, die vom Gesetz verurteilt werden, werden ihre Übertretungen bereuen und durch den Glauben an die Verdienste Christi ihren christlichen Charakter vervollkommnen. (GW 30.1)
„Nur durch die Annahme von Christi Verdienst und Gnade kann das Gesetz gehalten werden. Der Glaube an die Sühnung der Sünde befähigt den Menschen Gott mit seinem ganzen Herzen zu lieben und seinen Nächsten wie sich selbst.“ (Review and Herald, 10. Oktober 1899, Par. 2)
„Geliebte, wir sind jetzt Kinder Gottes, und noch ist nicht offenbar geworden, was wir sein werden; wir wissen aber, dass wir ihm gleichgestaltet sein werden, wenn er offenbar werden wird; denn wir werden ihn sehen, wie er ist. Und jeder, der diese Hoffnung auf ihn hat, reinigt sich, gleichwie auch Er rein ist. Jeder, der die Sünde tut, der tut auch die Gesetzlosigkeit; und die Sünde ist die Gesetzlosigkeit. Und ihr wisst, dass Er erschienen ist, um unsere Sünden hinwegzunehmen; und in ihm ist keine Sünde.“ (FE 385.1)
Es ist offensichtlich, dass wir das Gesetz halten müssen – ein Gesetz der Liebe zu Gott und den Menschen, ein Gesetz, das ein Spiegel ist und uns unsere Übertretungen aufzeigt, ein Gesetz, das in unser Denken und unser Herz geschrieben ist und das nur gehalten werden kann durch die Annahme von Christi Gnade und Verdienst.
Jeder Aufruf das Gesetz zu halten, wird vom Versprechen der Vergebung und Wiederherstellung begleitet
Wir haben gesehen, dass Vollkommenheit ein beständiges Streben des Überwindens unserer sündigen Natur in uns und dem Bösen von außen ist. Wobei Jesus uns unsere Fehler und Sünden vergibt, wenn wir bekennen und davon ablassen. Jedes Mal, wenn gesagt wird, dass das Gesetz bindend ist und gehalten werden muss, gibt es gleichzeitig das Versprechen der Vergebung und Wiederherstellung. Das gibt dem reuigen Sünder Hoffnung und wenn es gepredigt würde, würde kein junger Mensch, der mit Gott geht, verzweifeln.
Können wir völlig sündlos sein?
Wie sollen wir dann einige Zitate aus Ellen Whites Schriften verstehen, wenn sie doch scheinbar zeigen, dass wir absolute christliche Vollkommenheit erreichen können – eine Vollkommenheit auf der gleichen Stufe wie die Vollkommenheit Christi - und dass wir „ein reines, sündloses Leben“ führen könnten? Bedeutet das Gesetz zu halten, dass wir völlig sündlos sein können? Wird es jemals eine Zeit auf der Erde geben, in der wir nicht sündigen und keine Vergebung brauchen?
Wenn Ellen White das Wort „sündlos“ benutzt, dann immer im Zusammenhang mit Jesus, den Engeln, den ungefallenen Welten, dem Himmel und dem Zustand Adams vor dem Fall.
„Gott hätte die Wahrheit durch sündlose Engel verkündigen lassen können, aber das entspricht nicht seinem Plan. Er wählt menschliche, mit Unvollkommenheit behaftete Wesen zu seinen Werkzeugen, um seine Absichten auszuführen. (WA 329.2})
Der Sohn Gottes erniedrigte sich, um die Gefallenen emporzuheben. Er verließ die sündlosen Welten in der Höhe, die neunundneunzig, die ihn liebten, und kam auf diese Erde, auf dass er „um unsrer Missetat willen verwundet und um unsrer Sünde willen zerschlagen“ (Jesaja 53,5) wurde. (WA 468.1)
„Er, der Eine Sündlose, wurde behandelt, wie wir es verdient hätten, damit wir, gefallen und sündig, behandelt werden können, wie Er es verdienen würde.“ (CT 267.4)“
„Er ist ein Bruder in unseren Schwachheiten, „der versucht worden ist in allem wie wir“, aber als der Eine Sündlose schrak Seine Natur zurück vor dem Bösen; Er ertrug Kämpfe und Seelenqual in einer Welt der Sünde.“ (Steps to Christ 93-94)
„Aber zu jeder Zeit Seiner Entwicklung war Er vollkommen, mit der schlichten, natürlichen Anmut eines sündlosen Lebens. Die Heilige Schrift berichtet von Seiner Kindheit: „Und Jesus nahm zu an Weisheit und Alter und Gnade bei Gott und den Menschen.““ (Counsels to Parents, Teachers, and Students, 140-141; CG 204.4)
„Satan hatte sich vorgenommen, das sündlose Paar, Adam und Eva, mit Erfolg zu verführen. Mit keinem anderen Mittel konnte er sogar dieses heilige Paar erfolgversprechender erreichen als durch den Appetit.“ (Con 15.4)
Jesu Sündlosigkeit, der Pfad der Vermessenheit und das damit zusammenhängende, nicht offenbarte Geheimnis der Menschwerdung Jesu
Können wir den gleichen Zustand der Vollkommenheit erreichen wie Jesus ihn in Seiner menschlichen Natur hatte? Wenn der Geist der Weissagung Bezug nimmt auf die menschliche Natur Christi, empfiehlt sie uns dringend, äußerst vorsichtig zu sein, wie wir uns diesem Thema nähern, weil „die Wahrheit nahe am Pfad der Vermessenheit liegt“ und leicht missverstanden werden kann:
„Sei vorsichtig, überaus vorsichtig, wie Du mit der menschlichen Natur Christi umgehst. Schildere ihn den Menschen nicht als einen Menschen mit sündigen Neigungen. Er ist der zweite Adam. Der erste Adam war als reines, sündloses Wesen geschaffen, ohne einen Makel der Sünde an ihm; er war im Bilde Gottes. Er konnte fallen und er fiel tatsächlich durch Übertretung. Wegen der Sünde wurde seine Nachkommenschaft mit innewohnenden sündhaften Neigungen geboren. Aber Jesus Christus war der eingeborene Sohn Gottes. Er nahm die menschliche Natur auf sich und wurde in allem versucht wie die menschliche Natur versucht wird. Er hätte sündigen können, Er hätte fallen können, aber in keinem Augenblick gab es in Ihm eine böse Neigung. Versuchungen plagten Ihn in der Wüste, wie Adam in Eden von Versuchungen geplagt wurde. (7ABC 447.4)
„Seine Geburt war ein Wunder Gottes“
„Vermeide im Zusammenhang mit der Menschlichkeit Christi jede Frage, die missverstanden werden könnte. Die Wahrheit liegt nahe am Pfad der Vermessenheit. Wenn Du Dich mit Christi Menschsein befasst, musst Du penibel auf jede Erklärung achten, damit in Deine Worte nicht mehr Bedeutung hineingelegt wird, als sie besagen und Du dadurch die klare Erkenntnis Seiner Menschlichkeit in Verbindung mit der Göttlichkeit verlierst oder verdunkelst. Seine Geburt war ein Wunder Gottes. … Lass bei den Menschen nie und unter keinen Umständen auch nur den leisesten Eindruck entstehen, dass auf Christus ein Makel oder ein Hang zur Verderbtheit lag oder Er auf irgendeine Art der Verderbtheit nachgab. Er war in allem versucht wie Menschen versucht werden, und doch wird er „das Heilige“ genannt. Es bleibt für Sterbliche ein unerklärliches Geheimnis, dass Christus in allem versucht werden konnte wie wir es sind und doch ohne Sünde sein konnte. Die Menschwerdung Christi war und bleibt für alle Zeit ein Geheimnis. Das was offenbart ist, ist für uns und für unsere Kinder, aber jeder Mensch soll vor dem Boden gewarnt sein, auf dem er Christus gänzlich menschlich macht, so wie wir selbst es sind, denn es kann nicht sein.“ (7ABC 448.2.)
„Wir sollten keinerlei Zweifel hinsichtlich der völligen Sündlosigkeit der menschlichen Natur Christi hegen. … Dieser heilige Stellvertreter ist fähig, bis zum Äußersten zu retten, denn er bewies gegenüber dem staunenden Universum in seinem menschlichen Charakter völlige und vollkommene Demut sowie vollkommenen Gehorsam gegenüber allen Forderungen Gottes.“ (FG1 270.3)
„Während er die menschliche Natur in ihrem gefallenen Zustand auf sich nahm, hatte Christus gleichzeitig jedoch keinen [wörtl. „nicht im mindesten“] Anteil an ihrer Sündhaftigkeit … (FG1 270.1) Er spürte unsere Schwachheiten und wurde in allem versucht wie wir. Und obwohl er von keiner Sünde wusste, war er das unschuldige und unbefleckte Lamm. 1Petrus 1,19. Wäre Satan fähig gewesen, Christus auch nur in einem einzigen Punkt zur Sünde zu verführen, hätte er den Kopf des Erlösers zertreten. So jedoch konnte er ihn nur in die Ferse stechen. Hätte er den Kopf Christi erreicht, wäre die Menschheit ohne Hoffnung geblieben. Der göttliche Zorn wäre über Christus gekommen, wie er über Adam kam. Christus und die Gemeinde wären ohne Hoffnung gewesen.“ (FG1 270.2)
„Christus wandelte als Einziger ohne Makel auf dieser Erde. Er war rein, fleckenlos und unbeschmutzt. Dass es Einen, völlig unbefleckt von Sünde, auf der Erde geben sollte, verunsicherte den Urheber der Sünde sehr und so ließ er kein Mittel unversucht, um Christus mit seiner listigen Verführungskunst zu besiegen. Aber unser Heiland verließ sich auf Seinen himmlischen Vater, um mit Weisheit und Stärke dem Versucher zu widerstehen und ihn zu besiegen. Der Geist Seines himmlischen Vaters belebte und bestimmte Sein Leben. Er war sündlos. Tugend und Reinheit kennzeichneten Sein Leben.“ The Youth’s Instructor, Februar 1873. (3SM 134.1)
„Mit Seinem menschlichen Arm umfasste Christus die Menschheit, während Sein göttlicher Arm den Thron des Unendlichen ergriff und somit den begrenzten Menschen mit dem unendlichen Gott vereinte. Er überbrückte die von der Sünde geschaffene Kluft und verband die Erde mit dem Himmel. In Seiner menschlichen Natur behielt Er die Reinheit Seines göttlichen Charakters bei.“ (The Youth’s Instructor, 2. Juni 1898, 7ABC 454.4)
„Christus trug die Sündenschuld der Welt. Nur auf die Menschwerdung und den Tod des Sohnes Gottes gründet sich unsere Hoffnung. Er konnte die Leiden ertragen, weil ihn göttliche Kraft erhielt. Er konnte aushalten, weil keine Spur von Untreue oder Sünde an ihm war. (FG1 317.4)“
„Er wurde ohne den Makel der Sünde geboren und doch kam Er gleichwie die Menschen in diese Welt.“ Letter 97, 1898. (7ABC 453.2)
„Inmitten von Unreinheit behielt Christus Seine Reinheit. Satan konnte sie nicht beflecken oder verderben. Christi Charakter offenbarte Seine vollkommene Abscheu vor der Sünde. Seine Heiligkeit brachte die Leidenschaft einer lasterhaften Welt gegen sich auf; denn mit Seinem vollkommenen Leben war Er für die Welt ein beständiger Vorwurf und machte den Gegensatz zwischen Übertretung und der reinen, unbefleckten Gerechtigkeit des Einen, der von keiner Sünde wusste, greifbar.“ (The S.D.A. Bible Commentary Band 5, S.1142; 7ABC 454.2)
„Christus wird der zweite Adam genannt. In Reinheit und Heiligkeit, mit Gott verbunden und von Ihm geliebt, begann Er, wo der erste Adam begann. Bereitwillig betrat der den Boden, auf dem Adam fiel und machte Adams Versagen wieder gut.“ (The Youth’s Instructor, 2. Juni 1898; 7ABC 454.2)
„Als die Zeit erfüllt war, sollte Er in menschlicher Form offenbar werden. Er sollte Seine Stellung als Haupt der Menschheit einnehmen indem Er die Natur des Menschen, aber nicht dessen Sündhaftigkeit annahm. Im Himmel erschallte die Stimme: „Und es wird ein Erlöser kommen für Zion und für die in Jakob, die sich von der Übertretung bekehren, spricht der HERR.“ (The Signs of the Times, 29. Mai 1901; 7ABC 447.1)
„Er besiegte Satan in derselben Natur über die Satan in Eden den Sieg errungen hatte. Der Feind wurde von Christus in Seiner menschlichen Natur bezwungen. Die Kraft der Göttlichkeit des Erlösers war verborgen. Er überwand in menschlicher Natur, indem er auf Gottes Kraft vertraute.“ (The Youth’s Instructor, 25. April 1901; 7ABC 447.2)
Können wir jemals Jesu vollkommenen Charakter erlangen?
Worin liegt wie oben erwähnt die Gefahr der Vermessenheit in Bezug auf die Natur und Sündlosigkeit Christi? Könnte es sein, dass wir die falsche Vorstellung hegen, dass – weil ja Jesus unsere Natur annahm und ein vollkommen sündloses Leben führte – wir das gleiche erreichen können?
„Während des langen Fastens in der Wüste überwand Er Satan, als dieser als Engel des Lichts kam und Ihm im Gegenzug für seine Anbetung die Herrschaft über die ganze Welt anbot. Er brachte Opfer, die niemals von Menschen gefordert werden, da der Mensch niemals Seinen erhabenen Charakter erlangen kann.“({3SP 77.2)
„Wer dazu neigt, sich für wer weiß wie heilig zu halten, sollte in den Spiegel des Gesetzes Gottes blicken. Sobald er dessen weitreichende Forderungen erkennt und ihm bewusst wird, dass es ein Richter der Gedanken und Sinne des Herzens ist, wird er sich nicht länger seiner Sündlosigkeit rühmen. Ohne einen Unterschied zwischen sich und seinen Brüdern zu machen, stellt Johannes fest: „Wenn wir sagen, wir haben keine Sünde, so verführen wir uns selbst, und die Wahrheit ist nicht in uns.“ 1Joh 1,8. „Wenn wir sagen, wir haben nicht gesündigt, so machen wir ihn zum Lügner, und sein Wort ist nicht in uns.“ 1Joh 1,10. „Wenn wir aber unsere Sünden bekennen, so ist er treu und gerecht, dass er uns die Sünden vergibt und reinigt uns von aller Untugend.“ 1Joh 1,9. (WA 560.1})
„Paulus schreibt: „Denn ich weiß, dass in mir, das heißt in meinem Fleisch, nichts Gutes wohnt.“ Römer 7,18. Allen, die so angestrengt versucht haben, im Glauben das sogenannte heilige Fleisch zu erlangen, möchte ich sagen: Ihr irrt Euch! Nicht eine Seele von Euch hat jetzt heiliges Fleisch – kein Mensch auf dieser Welt hat heiliges Fleisch. Es ist unmöglich.” (2SM 32.1)
„Gott erklärt: „Es ist keiner gerecht, auch nicht einer“ (Römer 3,10). Alle haben die gleiche sündige Natur. Alle neigen dazu, Fehler zu machen. Keiner ist vollkommen. Der Herr Jesus starb für die Irrenden, damit ihnen vergeben werden kann. Es ist nicht unsere Aufgabe zu verurteilen. Christus kam nicht, um zu verurteilen, sondern um zu retten.“ (21Manuscript 31, 1911; {HP 292.5)
„Aber wir werden uns nicht unserer Heiligkeit rühmen. Weil wir ein klares Verständnis von Christi Unbeflecktheit und unendlicher Reinheit haben, werden wir uns wie Daniel fühlen, als er die Herrlichkeit Gottes sah und sagte: „Meine Anmut wurde in mir zu Verdorbenheit“ [wörtl. Übersetzung von Daniel 10,8 aus dem Englischen – Anm. d. Übs]“ (3SM 355.3)
„Solange unser Leben währt, werden wir … keinen Punkt erreichen, an dem wir … sagen könnten: Ich habe das Endziel erreicht!“
„Solange Satan regiert, müssen wir unser Ich verleugnen und Sünden, die uns bedrängen, überwinden. Solange unser Leben währt, werden wir keinen Ort, keinen Punkt erreichen, an dem wir innehalten und sagen könnten: Ich habe das Endziel erreicht! Nein, Heiligung ist die Frucht lebenslangen Gehorsams. (WA 558.1)
„Wir mögen in unseren Gedanken eine unrealistische Welt schaffen oder uns eine ideale Gemeinde vorstellen, in der Satans Versuchungen uns nicht mehr zur Sünde verleiten. Aber diese Vollkommenheit gibt es nur in unserer Einbildung.“ (The Review and Herald, 8. August 1893; CKB 189.2)
„Wir können nicht sagen: „Ich bin sündlos“, bis dieser nichtige Körper vewandelt und Seinem herrlichen Körper gleichgestaltet wird. Aber wenn wir beständig danach trachten, Jesus zu folgen, haben wir die gesegnete Hoffnung, einmal vor Gottes Thron ohne Flecken und Runzeln oder ähnlichem zu stehen, vollständig in Christus, gekleidet in Seine Gerechtigkeit und Vollkommenheit.“ (The Signs of the Times, 23. März 1888; 3SM 355.4)
„Die Erlösten werden einst auch einen sündlosen Körper erhalten, aber das geschieht erst zu der Zeit, wenn Gott sie in den Himmel aufnimmt. Wohl wird Sünde in diesem Leben vergeben, aber Sündenvergebung löscht nicht automatisch die Folgen der Sünde aus.“ (Selected Messages II, 33; Für die Gemeinde geschrieben II, 34 {1901}; (CKB 189.3)
„Je näher wir Jesus kommen und je klarer wir die Reinheit seines Wesens sehen, desto deutlicher werden wir erkennen, wie überaus verwerflich die Sünde ist, und umso weniger werden wir empfinden, uns selbst preisen zu müssen. Wir werden von einem stetigen Verlangen nach Gott erfüllt sein und nie aufhören, vor ihm unser Herz zu demütigen und ihm unsere Sünde ernstlich und aufrichtig zu bekennen.“ (WA 559.1)
„Die Tatsache, dass das anerkannte Volk Gottes als vor dem Herrn in schmutzigen Gewändern stehend dargestellt wird, sollte bei allen, die Seinen Namen bekennen, zu Demut und ernster Herzenserforschung führen. Jene, die wahrhaft ihre Seelen reinigen, indem sie der Wahrheit gehorsam sind, werden überhaupt keine hohe Meinung von sich selbst haben. Je näher sie den fleckenlosen Charakter Christi betrachten, umso stärker wird ihr Verlangen, Seinem Bild gleichgestaltet zu werden und desto weniger werden sie an sich selbst Reinheit oder Heiligkeit sehen.“ (CCh 352.1)
„Wir alle neigen zu Fehlern, deshalb sagt Gottes Wort uns genau, wie wir diese Fehler korrigieren und heilen müssen. Keiner kann sagen, dass er nie einen Fehler begangen hat, dass er niemals gesündigt hat – aber es ist wichtig zu überdenken, was man aus diesen Fehlern macht. Der Apostel Paulus beging schwerwiegende Fehler, wobei er die ganze Zeit dachte, Gott einen Dienst zu erweisen … Du magst auch gefehlt haben, während Du dachtest, doch genau richtig zu liegen, aber wenn die Zeit Deinen Fehler offenbart, dann ist es Deine Pflicht, Dein Herz zu demütigen und Deine Sünde zu bekennen.“ (That I May Know Him 239.2)
„Christus kam, um eine durch die Sünde ruinierte Welt in ihrer ursprünglichen Schönheit wiederherzustellen … Auf der neuen Erde wird es keine Sünde oder Krankheit mehr geben … Und der Körper wird in seiner anfänglichen Vollkommenheit wiederhergestellt werden. Wir werden das fleckenlose Bild unseres Herrn tragen …“ (My Life Today 153.4)
„Wer durch die Kraft Gottes geheiligt und umgewandelt wurde, darf nicht dem gefährlichen Irrtum erliegen, er sei nun sündlos, habe den höchsten Stand der Vollkommenheit erreicht und sei über jede Versuchung erhaben. Der Maßstab für einen Christen ist die Reinheit und Liebenswürdigkeit des Charakters Christi. Auf diese Weise kann er selbst immer mehr an [charakterlicher] Schönheit gewinnen und der Welt immer intensiver das Bild Gottes offenbaren. (Bible Echo, 21. Februar 1898., WHG 64.4)
„Ganz gleich, welche Art von Sünde Du begangen hast, bekenne sie. Wenn sie nur gegen Gott ist, bekenne sie nur ihm. Wenn Du anderen Unrecht getan oder sie verletzt hast, bekenne es auch ihnen und der Segen Gottes wird auf Dir ruhen. Dadurch stirbst Du dem Ich ab und Christus nimmt innerlich Gestalt an…“ (TMK 239.3)
Keiner der Apostel und Propheten hat je behauptet, sündlos zu sein. Menschen, die Gott am nächsten standen und eher ihr Leben hingaben, als dass sie wissentlich ein Unrecht begingen, Menschen, die Gott durch besondere Offenbarungen und Kraft ausgezeichnet hatte, haben sich zu der Sündhaftigkeit ihres Wesens bekannt. Sie setzten ihr Vertrauen nicht auf ihre sündige Natur, beanspruchten auch keine eigene Gerechtigkeit, sondern verließen sich einzig und allein auf die Gerechtigkeit Jesu Christi. (WA 558.2)
Schwester White schrieb an Bruder B, der beanspruchte, sündlos zu sein:
„Einige von ihnen haben die fast hoffnungslose Lage erreicht, dass sie nicht sündigen können. Sie haben damit selbstverständlich auch keine weitere Verwendung mehr für das Vaterunser, das uns lehrt, dass unsere Sünden vergeben werden und auch nur noch wenig Verwendung für die Bibel, da sie vorgeben, vom Geist geleitet zu werden …“ (From the Heart 47.3)
„Was für eine schreckliche Verblendung! Sie halten sich für vollständig in Christus und wissen nicht, dass sie elend, jämmerlich, arm, blind und bloß sind …“ (From the Heart 47.)}
Dabei erwähnt sie, dass viele der Nachfolger [dieses Bruders] nicht mehr die gegenwärtige Wahrheit predigten (die die Drei-Engelsbotschaft, einschließlich des Sabbats und der Gesundheitsbotschaft, ist). Sie schrieb ihm:
„ … je mehr jemand von diesem Geist der populären Heiligung trinkt, umso geringer achtet er die gegenwärtige Wahrheit.
Anders gesagt kann jemand so beschäftigt sein, den Zustand der Vollkommenheit zu erreichen, dass er unsere Mission aus dem Blickfeld verliert:
„In einem ganz bestimmten Sinn sind Siebenten-Tags-Adventisten der Welt als Wächter und Lichtträger gegeben. Ihnen ist die letzte Warnung für eine untergehende Welt anvertraut worden. Auf sie scheint das herrliche Licht vom Wort Gottes. Ihnen ist eine Aufgabe von größter Wichtigkeit übertragen worden — die erste, zweite und dritte Engelsbotschaft zu verkündigen. Kein anderes Werk ist von solch großer Bedeutung. Sie dürfen sich deshalb von nichts anderem ihre Aufmerksamkeit rauben lassen.“ (Testimonies for the Church IX, 19 {1909}; CKB 34.6)
Sie schreibt weiter:
„Predigt Bruder B. die Botschaft an Laodizäa? Wohl wahr, aber mache Dir bewusst, dass ein Mensch, der so geheiligt ist, dass er nicht mehr sündigen kann, der reinste Laodizäer ist.“
Gott hat uns in der Bibel genug Beispiele Seiner Erwählten gezeigt, die gegen ihre gefallene Natur ankämpfen und sogar kurz vor ihrem Tode immer noch in Sünde fallen, wie beispielsweise Mose. Deswegen stritt der Teufel um Moses Leichnam (vgl. Judas Vers 9). Gott in Seiner Weisheit ließ diese Begebenheiten „treulich berichten“, sodass wir aus deren Fehlern lernen können, während wir gleichzeitig in unserem Kampf gegen das Ich und die Sünde nicht unsere Hoffnung oder den Mut verlieren.
„Aus der Feder göttlicher Eingebung erfahren wir, getreu ihrer Aufgabe, von den Sünden, die Noah, Lot, Mose, Abraham, David und Salomo überkamen, ja dass selbst Elias starke innere Haltung unter der Anfechtung zusammenbrach, die er während seiner furchtbaren Prüfungen erlebte. Jonas Ungehorsam und Israels Götzendienst werden getreulich berichtet. Die Verleugnung Christi durch Petrus, die scharfe Auseinandersetzung zwischen Paulus und Barnabas, die Fehler und menschlichen Schwächen der Propheten und Apostel, alles legte der Heilige Geist bloß, der den Schleier vom menschlichen Herzen hinwegnimmt. Da liegt das Leben der Gläubigen vor uns mit allen ihren Fehlern und Torheiten, die allen folgenden Geschlechtern zur Lehre bestimmt sind. Hätten sie keine Schwächen gehabt, sie wären eine Art Übermenschen gewesen. Wir müssten verzagen vor der Frage, ob unser sündhaftes Wesen jemals eine derartige Höhe erreichen könnte. Wenn wir aber sehen, wie sie kämpften und fielen, sich wiederum ein Herz fassten und schließlich durch Gottes Gnade siegten, dann schöpfen wir neuen Mut. Wir werden dazu geführt, uns der Hindernisse zu entledigen, die uns eine entartete Welt in den Weg legt.“ (Sch1 400.3)
Was wollen diese Zitate uns erklären?
Jetzt ist ein guter Zeitpunkt, einmal zusammenzufassen, was wir aus unserem Studium erfahren haben.
Wir haben gesehen, dass nur die Gottheit und Jesus als Mensch, die ungefallenen Engel, andere ungefallene Welten und Adam und Eva vor dem Sündenfall als sündlos angesehen werden können.
Wir wissen, dass Gott uns befähigt, Seine Gebote zu halten (Satan wirft Gott vor, dass Seine Gebote nicht gehalten werden können), aber wir wegen unserer sündhaften Natur manchmal fallen und Jesus enttäuschen. Das Gesetz zu halten nimmt die Sünde nicht weg und macht uns nicht sündlos. Es ist der Spiegel in dem wir unsere Sündhaftigkeit erkennen. Wenn wir verstehen, was Jesus wegen unserer Sünden durchmachte, wollen wir es mit Gott in Ordnung bringen.
Wir verstehen, dass das Werk der Vollkommenheit in zwei Richtungen arbeitet: Dass Gott in uns arbeitet, um uns zu helfen die Sünde zu überwinden und uns dabei Seinen vollkommenen Charakter offenbart und dass es andererseits unser Werk ist, beständig gegen Sünden und Charakterschwächen in uns anzukämpfen, bewusst dem Bösen außerhalb von uns zu widerstehen und es zu überwinden. Wir haben auch Sünden, von denen wir nichts wissen und Gott offenbart sie uns, damit wir daran arbeiten (Psalm 19,12-13).
Uns ist bewusst geworden, dass die Behauptung sündlos zu sein, zu einer dem Ich dienenden Religion führt, die dazu neigt, sich auf das Ich zu konzentrieren und den christlichen Auftrag zu vernachlässigen, nämlich Menschen zum Kreuz zu bringen, die ihre völlige Hilflosigkeit und Abhängigkeit des versöhnenden Opfers Christi erkennen.
Gibt es in Ellen Whites Aussagen einen Widerspruch?
Gibt es nun eine Zeit, zu der wir auf Erden sündlos sein werden? Genauso sündlos wie Jesus auf Erden war?
Dabei zitieren Leute oft zwei Aussagen von Ellen White zu diesem Thema mit der Absicht, alle anderen klaren Zitate zu widerlegen. Diese Menschen behaupten, dass wir vor dem Zweiten Kommen Jesu einen sündlosen Zustand auf dieser Erde erreichen werden. Wenn Aussagen sich zu widersprechen scheinen, muss man immer von der klaren Aussage zu der nicht so klaren hin argumentieren. Betrachten wir also beide Zitate:
„Er kam auf diese Erde und lebte ein sündloses Leben, damit Sein Volk in Seiner Kraft auch ein sündloses Leben führen möge. Er wünscht sich, dass sie die Prinzipien der Wahrheit ausleben, um der Welt zu zeigen, dass Gottes Gnade die Kraft hat, das Herz zu heiligen.“ (RH April 1, 1902, par. 8)
Bis jetzt wissen wir, dass nur Jesus sündlos war, deshalb kann dieses Zitat nicht bedeuten, dass wir auf dieser Erde einmal so sündlos sein werden wie Jesus oder so sündlos wie die ungefallenen Engel. Sondern dass wir vielmehr in Seiner Kraft Sünden ablegen, wenn Jesus sie uns zeigt, indem Er uns in Situationen bringt, worin wir die Sündhaftigkeit unserer Natur sehen können. „Wir können nicht sagen: „Ich bin sündlos“, bis dieser nichtige Körper verändert und Seinem herrlichen Körper gleichgestaltet wird.“ (The Signs of the Times, 23. März 1888; 3SM 355.4).
Wenn sie also sagt, dass wir ein sündloses Leben führen sollen, sollen wir aufhören, bewusste Sünden zu begehen und Gott im Gebet bitten, uns Charakterfehler zu offenbaren (verborgene Sünden), sodass wir danach streben können, sie ebenfalls in Seiner Macht zu überwinden.
Wenn sie sagt, dass wir niemals sagen sollen, sündlos zu sein, bedeutet das, unsere sündige Natur wird immer ein Handicap sein und wir werden immer Vergebung benötigen. Warum sonst hätte das sündlose Lamm Gottes sterben müssen, wenn wir fähig wären auf dieser Erde einen Zustand zu erreichen, in dem wir Seine Versöhnung nicht mehr benötigen? Seine Gerechtigkeit wird uns immer umhüllen, sogar im Himmel, wie die weiße Leinwand die irdische Stiftshütte umgab, sogar das Allerheiligste.
Das zweite Zitat lautet folgendermaßen:
„Jeder, der an Christus glaubt, jeder, der an die erhaltende Kraft eines auferstandenen Erlösers glaubt, der die Strafe erlitten hat, die über den Übertreter ausgesprochen wurde, jeder, der der Verführung widersteht und inmitten des Bösen das Vorbild von Christi Leben nachahmt, wird durch Glauben an das versöhnende Opfer Christi der göttlichen Natur teilhaftig, nachdem er dem Verderben, das durch die Begierde in der Welt herrscht, entkommen ist. Jeder, der durch Glauben den Geboten Gottes gehorcht, wird den Zustand der Sündlosigkeit erreichen, in dem Adam vor der Übertretung lebte. (ST, 23. Juli 1902, In Heavenly Places 146.5)
Nirgendwo in diesem Abschnitt des Buches „In Heavenly Places“ gibt es einen Hinweis, dass dieser Zustand der Sündlosigkeit auf dieser Erde voller Sünde, Gebundenheit und Elend erlangt werden kann. Dennoch werden wir einmal, durch den Glauben an Jesus und Gehorsam, in den Zustand Adams vor seinem Fall wiederhergestellt werden. Nach unserem bisherigen Studium können wir sicher sagen, dass dieser Zustand erst existieren wird, wenn wir verwandelt sind.
Was ist mit der Zeit der Versiegelung – werden wir dann sündlos sein?
Wir wissen, dass es in den letzten Tagen eine Zeit der Bewährung geben wird, nach der Gottes Volk versiegelt und für die Sichtung vorbereitet wird und dass „Gott [anfängt] die Decke über sein Volk zu breiten, und die wird bald über alle ausgebreitet werden, die einen Schutz am Schlachttage haben wollen.“
„Jene, die die Welt, das Fleisch und den Teufel überwunden haben, werden die Begünstigten sein, die das Siegel des lebendigen Gottes erhalten … Nur wer in seiner Gesinnung vor Gott die Haltung jener einnimmt, die am großen antitypischen Versöhnungstag bereuen und ihre Sünden bekennen, wird anerkannt und als Gottes Schutz würdig gekennzeichnet werden.“ (Heaven 90.4)
Streben wir nach seiner Fülle, strecken wir uns immer höher und höher, hin zur Vollkommenheit seines Charakters? Wenn Gottes Diener dem nachstreben, werden sie an ihrer Stirn versiegelt werden. (Selected Messages III, 427 {1899}; CKB 157.6)
Ellen White erklärt den Zustand von Gottes Volk während der Zeit der Versiegelung nicht ausführlich, aber anhand der verfügbaren Aussagen sieht man, dass trotz der Versiegelung die sündhafte Natur erst bei Jesu Kommen in den gleichen ungefallenen Zustand von Adam und Eva vor dem Fall verwandelt wird. „Denn dies Verwesliche muss anziehen die Unverweslichkeit, und dies Sterbliche muss anziehen die Unsterblichkeit.“ (1Kor 15,53). Sie werden dennoch die Zeit der „Angst in Jakob“ mit einer tiefen, Seelen erforschenden Erfahrung durchleben, wobei sie wie Jakob mit Gott ringen, ob ihre Sünden alle bekannt und vergeben sind.
Die Versiegelung ist „ein Gegründetsein in der Wahrheit … Die versiegelten Gläubigen können nicht mehr von Christus getrennt werden“. Sie sind jetzt geschützt mit einer Decke, ähnlich wie Mose in der Felsenkluft bedeckt war. Die Welt wird in Aufruhr sein, die Plagen werden fallen und Gottes Volk wird sicher sein.
„Diese Fehler und Sünden verderben den Menschen und machen ihn für die Gemeinschaft mit heiligen Engeln ungeeignet. Durch seinen beschmutzten Charakter hat er sich selbst unter das Banner Satans begeben. … Diese werden in der Zeit der Angst in Jakob keinen Schutz haben. Ihre Sünden werden ihnen in solcher Größe erscheinen, dass ihnen das Vertrauen zum Gebet und der Mut, wie Jakob zu ringen, fehlen. Andererseits wird bei den Namen derjenigen, die ähnliche Leidenschaften hatten und in ihrem Leben sündhaft und falsch handelten, jedoch ihre Sünden bereuten und in aufrichtigem Bedauern bekannten, in den himmlischen Büchern „vergeben“ eingetragen. Sie werden geborgen sein am Tag des göttlichen Zorns. Satan wird diese Gruppe angreifen, doch sie haben wie Jakob die Stärke Gottes ergriffen. Er ist Seinem Charakter treu, mit ihnen im Frieden und schickt Engel, um sie in der Zeit der Gefahr zu trösten, zu segnen und zu erhalten. Die Zeit der Angst in Jakob wird jeden Einzelnen prüfen und den wahren Christen von dem unterscheiden, der es nur dem Namen nach ist.“ (Signs of the Times, 27 November 1870, Par. 6)
Es gibt auch noch Uneinigkeit darüber, ob Gottes gerettetes und verwandeltes Volk im Himmel und auf der Neuen Erde wieder eine Wahl haben wird – wie Luzifer und die Engel oder Adam und Eva und die ganze Menschheit – sich gegen die Herrschaft Gottes zu entscheiden. Einige sagen, wir werden „bewahrt“ in dem Sinn, dass wir im Himmel nicht mehr sündigen können. Aber Jesus schuf alle Seine Geschöpfe mit Willens- und Entscheidungsfreiheit. Somit werden sie immer die Möglichkeit haben, sich gegen Gott zu entscheiden – sogar im Himmel. Aber sie werden es nie mehr wollen, weil sie den wunderschönen Charakter Gottes kennen und lieben und die Konsequenzen der Sünde selbst gesehen und erlebt haben und damit quasi gegen das Böse geimpft sind. Nach der Vernichtung Satans ist das ganze Universum gegen die Sünde gewappnet und aus diesem Grund ließ Jesus „das Geheimnis der Gesetzlosigkeit“ bis zu dem Punkt ausreifen, an dem jeder in dem Wissen versiegelt wird, dass Satan böse und im Irrtum war und Jesus bei allem was er tat und zuließ gerecht und wahrhaftig ist.
Lasst uns den Kampf nicht aufgeben, „jedes gute Werk wird belohnt“. Sieben Mal spricht Johannes in Offenbarung 2, 3 und 21 von „überwinden“. Eine der Übersetzungen des griechischen Wortes, das hier verwendet wird, ist „die Oberhand erlangen“ – kämpfen, erstarken, bestehen. Das unterstützt das Konzept, das in allen hier angeführten Aussagen dargestellt wird, nämlich dass es nie eine Zeit geben wird, wenn wir es „völlig erreicht“ haben, wir werden beständig nach einem höheren Standard streben – nicht nur auf dieser Erde, sondern sogar in alle Ewigkeit.
„Unser Lebenswerk hier ist eine Vorbereitung für das ewige Leben. Die hier begonnene Erziehung wird in diesem Leben nicht vollendet werden; sie wird durch alle Ewigkeit hin fortgesetzt werden — immer fortschreitend, niemals vollendet. Die Weisheit und Liebe Gottes in dem Erlösungsplan wird immer völliger offenbart werden.“ (FA 474.2)
Ich bete, dass dieses Studium jedem Leser Mut und Hoffnung gibt „weil ich davon überzeugt bin, dass der, welcher in euch ein gutes Werk angefangen hat, es auch vollenden wird bis auf den Tag Jesu Christi.“ (Philipper 1,6)