Sind die USA die letzte Supermacht?
Am 2. Juli 1776 hatte sich die Abstimmung, ob die britischen Kolonien gemeinsam ihre Unabhängigkeit von England erklären sollten, festgefahren. Der Kontinentalkongress beriet sich schon den ganzen Tag. Die Delegation aus Delaware hatte drei Stimmen, aber nur zwei Abgeordnete waren anwesend. Einer stimmte für, der andere gegen die Unabhängigkeit. Der dritte Abgeordnete saß aufgrund eines schweren Unwetters zu Hause fest. Aber die Nachricht erreichte ihn, dass die Abstimmung nicht weiterkam. Seine Stimme könnte über die Zukunft entscheiden! Also ritt er die ganze Nacht durch Schlamm und Regen zum Kontinentalkongress, um seine Stimme abzugeben. Der Legende nach beobachtete ein kleiner Junge die Abstimmung durch einen schmalen Türspalt. Sein Großvater, der Glöckner am Ort, hatte ihn damit beauftragt. Der alte Mann wartete am Glockenturm um zu läuten, sollte die Versammlung die Erklärung unterzeichnen. Als der Knabe durch den Türspalt spähte, sah er Federkiele Namen unter ein Dokument zeichnen und hörte das Scharren von Schritten.
Indes lief der Großvater auf und ab und murmelte: „Das wird niemals durchgehen.“ Aber dann kam der Abgeordnete aus Delaware an und gab die entscheidende Stimme ab. Der kleine Junge kam angerannt und rief: „Läute, Opa, läute für die Freiheit!“
Die Vereinigten Staaten haben sich immer als Hort der Freiheit gesehen. In der modernen Welt wurden sie zum Bollwerk der Demokratie, ja sogar zur führenden Weltmacht. Die Themen Gewissen und Freiheit spielen im Endzeitdrama eine große Rolle, so sagt es das biblische Buch der Offenbarung. Werden die USA auch in der Endzeit noch die Glocken für die Freiheit läuten?
Lesen wir dazu Offenbarung 13,11. Johannes hat gerade die Entstehung der mittelalterlichen Kirche, der päpstlichen Gewalt dargestellt und ihre Rolle in der Endzeit vorhergesagt. Jetzt führt er ein zweites prophetisches Symbol ein: „Und ich sah ein anderes Tier aus der Erde aufsteigen, es hatte zwei Hörner gleich einem Lamm.“ Welche Hinweise haben wir, um dieses lammähnliche Tier zu identifizieren?
Hinweis 1: Aus der Erde
Woher kommt das zweite Tier? Im Gegensatz zum ersten Tier kommt es aus der Erde. Lassen wir die Bibel sich selbst auslegen. Daniel 7,17 erklärt, dass prophetische Tiere Königreiche oder Nationen bedeuten. So ist also dieses zweite Tier aus Offenbarung 13 eine Nation. Und es entsteht aus der Erde. Woher kam denn das erste Tier aus Offenbarung 13? Aus dem Meer, wie auch alle anderen Tiere bzw. Nationen. Offenbarung 17,15 sagt, dass das Meer Völker, Nationen und Sprachen symbolisiert – riesige Menschenmassen. Als apokalyptisches Symbol hat das Meer auch eine negative Bedeutung. Die Nationen, die aus dem Meer kamen, widersetzten
sich Gott und seinem auserwählten Volk. (Interessanterweise sagt Offenbarung 21,1, dass das Meer auf der Neuen Erde nicht mehr existieren wird.) Aber dieses zweite Tier aus Offenbarung 13,11 entsteht aus der Erde. Das ist einmalig in der Endzeitprophetie. In der Offenbarung hat die Erde im Gegensatz zum Meer eine positive Bedeutung: In Kapitel 12,16 hilft die Erde der verfolgten Frau (ein Symbol für Gottes Volk), indem sie die Wassermassen verschluckt, die der satanische Drache ausspeit, um sie zu ertränken. Das Tier aus der Erde ist im Unterschied zu den Tieren aus dem Meer auf Gottes Seite!
Hinweis 2: Um 1798
Offenbarung 13,10 beschreibt, wie das erste Tier „in Gefangenschaft geht“. Gleich der nächste Vers spricht vom Aufkommen des zweiten Tiers. Das zweite Tier tritt etwa zu der Zeit auf, als das erste Tier in Gefangenschaft geht, als eines seiner Häupter tödlich verwundet wird (Vers 3).
Das erste Tier, das Papsttum, erhielt diese schwere Wunde 1798, als die Franzosen den Papst gefangen nahmen und die politische Vorherrschaft des Papsttums beendeten. Dann gewann das zweite prophetische Tier immer mehr an Bedeutung. Passt das auf die Geschichte der Vereinigten Staaten? Allerdings. 1798 war das noch junge Land dabei, zu einer ernst zu nehmenden Nation zu werden. Wenn wir die Geschichte erforschen, entdecken wir, dass um 1798 nur eine Weltmacht „aufkam“: die Vereinigten Staaten von Amerika.
Hinweis 3: Christlich geprägt
Offenbarung 13,11 sagt, dass das Tier zwei Hörner gleich einem Lamm hat. Was bedeutet das? In der Heiligen Schrift sind Hörner ein Symbol für religiöse oder politische Macht und Autorität. Ein Lamm ist jung und offensichtlich nicht sehr stark. In der Offenbarung steht „Lamm“ außerdem 28 Mal für Jesus Christus. Das ist ein weiterer Hinweis dafür, dass dieses Tier nicht gegen Gott oder sein Volk ist.
Hinweis 4: Keine Monarchie
Die vorherigen Tiere trugen Kronen auf ihren Hörnern. Kronen weisen in der Prophetie auf königliche Macht hin. Vom ersten Tier heißt es: „Ich sah ein Tier aus dem Meer heraufsteigen, das zehn Hörner und sieben Köpfe hatte, mit zehn Kronen auf den Hörnern.“ (Offenbarung 13,1) Das zweite Tier trägt dagegen keine Zeichen königlicher Macht. Das legt eine andere Macht- oder Regierungsform nahe.
Hinweis 5: Weltweite Macht
Das lammartige Tier hat weltweite Macht. Es bringt die Bewohner der Erde dazu, „das erste Tier anzubeten“ (Vers 12). Vor hundert Jahren passte dieses Merkmal noch nicht. Wie ein Lamm mit seinen kleinen Hörnern schienen die USA kaum Macht oder Autorität zu haben. Aber jetzt üben sie ihren finanziellen, politischen und kulturellen Einfluss auf der ganzen Welt aus.
Gehen wir die fünf Hinweise über das zweite Tier, die lammartige Nation aus Offenbarung 13, noch einmal durch. Wir wissen, dass diese Nation um 1798 entstehen sollte. Sie würde nicht gegen Gott eingestellt sein und nicht von einem gekrönten Haupt regiert werden. Und sie sollte mit der Zeit weltweiten Einfluss erlangen. Diese Beschreibung von Johannes, dem Verfasser der Offenbarung, passt haargenau auf die USA. Dieses Land entstand als Verteidiger religiöser und persönlicher Freiheit und wird im letzten Drama eine Hauptrolle spielen. Aber was genau wird seine Rolle sein? Lesen wir Offenbarung 13,11: „Und dann sah ich ein anderes Tier, das aus der Erde kam. Es hatte zwei Hörner wie ein Lamm, aber es redete wie ein Drache.“ Ich fürchte, dieses Bild wird gegenwärtig ziemlich schnell Realität. Das Tier, das zwei Hörner wie ein Lamm hat, ist schon dabei, „wie ein Drache“ zu reden.
Was ist geschehen? Mit dieser Nation ist offensichtlich etwas geschehen. Es hat lammartig begonnen, aber am Ende wird es brüllen wie ein Drache. Wie reden Nationen eigentlich? Durch ihre Gesetzgebung.
Die Vertreter eines Staates sprechen für diesen Staat, indem sie Gesetze verabschieden. Offenbarung 13 beschreibt die Veränderung von einem lammartigen Tier zu einem, das wie ein Drache klingt, was darauf hindeutet, dass es seine wachsende Macht missbrauchen wird. In Vers 12 wird das Bild noch düsterer: „Und es übt all die Vollmacht des ersten Tieres aus vor dessen Augen und bringt die Erde und die auf ihr wohnen dazu, dass sie das erste Tier anbeten, dessen Todeswunde geheilt wurde.“ (Offenbarung 13,12)
Schauen wir genau hin: Das zweite Tier zwingt die Bewohner der Erde, das erste Tier anzubeten. Das bedeutet, es bringt die Menschen dazu, das Grundprinzip der mittelalterlichen Kirche anzunehmen, und das ist die Vereinigung von Kirche und Staat. Noch einmal: Was in der Gesellschaft bisher immer getrennt war, wird sich vereinen, um religiöse Praktiken mit Gewalt durchzusetzen. Wenn das protestantische Amerika sich durch eine gefährliche Allianz zwischen Kirche und Staat auf den Boden religiöser Unterdrückung begibt, wird erneut der starke Arm des Staates in einer Weise Zwang ausüben, die schon eine Jahrhunderte lange Tradition hat.
Wie kann es soweit kommen? Es scheint undenkbar. Doch lesen wir weiter. Offenbarung 13,13f sagt über das lammartige Tier: „Und es tut große Zeichen, sodass es sogar Feuer vom Himmel fallen lässt vor den Menschen. Und es verführt die, welche auf der Erde wohnen, durch die Zeichen, die vor dem Tier zu tun ihm gegeben sind. Und es sagt denen, die auf der Erde wohnen, dass sie dem Tier, das die Wunde von dem Schwert hat und am Leben geblieben ist, ein Bild machen sollen.“
Wie kann ein Land wie die USA dem Tier aus Offenbarung 13 den Fahneneid leisten? Wegen der Zeichen und Wunder, die bald geschehen werden. Viele Menschen glauben, jedes Wunder käme von Gott und sei Beweis dafür, dass jemand die Wahrheit spricht. Und Gott wirkt ja nach seiner Weisheit tatsächlich Zeichen und Wunder.
Manchmal sind Wunder eine göttliche Bestätigung wie bei Elia auf dem Berg Karmel. Das Feuer, das das zweite Tier vom Himmel fallen lässt, ist eine Anspielung auf diese Geschichte in 1. Könige 18. Doch Satan kann auch Wunder wirken. Er hat seine eigene Version von „Zeichen und Wundern“. Er kann sogar etwas bewirken, das wie Wunderfeuer aussieht.
Wie wir schon gesehen haben, warnte Jesus seine Nachfolger vor den letzten Tagen: „Denn es werden falsche Christusse und falsche Propheten auftreten und werden große Zeichen und Wunder tun, um wenn möglich auch die Auserwählten zu verführen.“ (Matthäus 24,24)
Spektakuläre Wunder sind nicht notwendigerweise ein Zeichen göttlichen Wohlgefallens. Sie können auch eine Attacke des Erzfeindes sein, um uns zu täuschen. Spektakuläre Wunder sind nicht notwendigerweise ein Zeichen göttlichen Wohlgefallens. Sie können auch eine Attacke des Erzfeindes sein, um uns zu täuschen. Menschen, denen ein sensationelles Zeichen lieber ist als die schlichte schnörkellose Wahrheit des göttlichen Wortes, laufen dann in ihr eigenes Verderben. Sie werden verführt durch das Blendwerk dunkler Mächte.
Johannes erinnert uns: „Es sind nämlich dämonische Geister, die Zeichen tun und ausgehen zu den Königen der Erde und des ganzen Erdkreises, um sie zum Kampf zu versammeln an jenem großen Tag Gottes, des Allmächtigen.“ (Offenbarung 16,14)
Selbst die größten Persönlichkeiten einschließlich aller Politiker und Staatsoberhäupter werden die Wunder wirkende Macht des großen Verführers blauäugig für bare Münze nehmen. Diese Macht ermöglicht es, dass das lammartige Tier alle zur Anbetung des ersten Tieres zwingt. Das ist der Grund, warum die Vereinigten Staaten dann religiöse Intoleranz mit Gewalt durchsetzen können.
Scheinbar eine große Erweckung
Kaum zu glauben? Stellen wir uns die Situation einmal vor: Eine religiöse Erweckung erfasst das Land, bei der gewaltige Zeichen und Wunder passieren. Wäre es jetzt noch schwer, Leute für etwas zu gewinnen, das ganz wie Gottes Werk aussieht und die vielleicht letzte Gelegenheit bedeutet, das Land vor dem moralischen Bankrott zu bewahren und aus der Krise zu führen, von der es gerade geschüttelt wird?
Wenn Wunder geschehen, herrscht ein Geist der Einheit. Die Leute wünschen sich, dass die Erweckung einfach alles erfasst. Sie suchen nach einem Zeichen ihrer Einheit, einem Symbol gemeinsamer Anbetung. Warum nicht gleich den Anbetungstag? Schließlich vereint er fast alle Christen. Auf den ersten Blick macht dieser Vorschlag absolut Sinn. Jeden Sonntag würde die ganze Nation sich versammeln und im Geist der Brüderlichkeit anbeten. Könnte das nicht das gebeutelte Volk zusammenführen und es wirklich zu einem einig Vaterland unter Gott machen?
Klingt das weit hergeholt? Einige religiöse Führer haben schon deutlich gemacht, dass ein gemeinsamer Gottesdiensttag die Energieprobleme der USA mindern könnte. Wenn außer für den Kirchgang der Autoverkehr am Sonntag verboten wäre, könnten bis zu 15% Treibstoff eingespart werden.
Harold Lindsell schlug schon in den 70er Jahren vor, zur Energieeinsparung „jedes Geschäft einschließlich Tankstellen und Restaurants sonntags zu schließen“ (Christianity Today, 7.5.1976). Nach seiner Überzeugung sei das nicht nur im Einklang mit den Naturgesetzen, sondern auch mit Gottes Willen für den Menschen. Er muss wohl geahnt haben, dass der Sonntag sich ohne Druck niemals als allgemeiner Ruhetag durchsetzen würde, denn er schlug als Möglichkeit vor, dies „per Gesetzgebung durch die ordnungsgemäß gewählten Volksvertreter“ zu verwirklichen.
Vor einiger Zeit entschied das Oberste Gericht der USA im Fall McGowan und andere gegen Maryland, dass Sonntagsgesetze unter bestimmten Umständen legal seien, aber nicht aus religiösen Motiven, sondern um Gesundheit und Wohlstand des amerikanischen Volkes zu schützen. Der bis vor kurzem noch aktive Richter William O. Douglas stimmte dem nicht zu und erklärte seine Opposition gegenüber dem Mehrheitsbeschluss des Gerichts folgendermaßen: „Es scheint mir offensichtlich, dass der Staat durch diese Gesetze Arbeit oder Freizeitaktivitäten am Sonntag verbieten kann, nur weil die religiöse Mehrheit diesen Tag für wichtig hält. Er macht den Sonntag per Gesetz zum Zeichen für Treu und Recht.“ Sind wir uns eigentlich bewusst, dass in diesem Moment in Amerika viele daran arbeiten, religiöse Freiheit neu zu definieren?
Sind wir uns eigentlich bewusst, dass in diesem Moment in Amerika viele daran arbeiten, religiöse Freiheit neu zu definieren?
William H. Rehnquist, ehemals Richter des Obersten Gerichtshofes der USA, schrieb 1985 im Fall Wallace gegen Jaffree: „Das Bild von der ‚Trennungsmauer zwischen Kirche und Staat’ beruht auf einem historischen Irrtum … Wir sollten es ein für allemal aufgeben.“ Ein Sprachrohr der amerikanischen Gesellschaft stellt den Grundsatz der Trennung von Kirche und Staat auf den Kopf! Die St. Louis Post-Dispatch enthielt am 29.10.1991 eine interessante Beobachtung: „Nach zwei Jahrhunderten amerikanischer Verfassung definiert das höchste US-Gericht für das dritte Jahrhundert die religiöse Freiheit neu. Allgemein gesagt stärkt die neue Sichtweise des Gerichts die traditionellen Glaubensrichtungen und schwächt die untraditionellen.“
Der Leitartikel regt an, der Gerichtshof solle noch klären, was religiös akzeptabel sei. Und wer in die Kategorie „Traditionelle Glaubensrichtung“ fällt, bekommt dann die offizielle Genehmigung. Die Ereignisse laufen darauf hin, dass eines Tages das lammartige Tier wie ein Drache sprechen wird.
Sehen wir uns ein weiteres Merkmal dieses Tieres an: „Und es verführt die, die auf der Erde wohnen, durch die Zeichen, die vor dem Tier zu tun ihm gegeben sind, und es sagt denen, die auf der Erde wohnen, dass sie dem Tier, das die Wunde vom Schwert hat und am Leben geblieben ist, ein Bild machen sollen. Und es wurde ihm gegeben, dem Bild des Tieres einen Geist zu verleihen, sodass das Bild des Tieres sogar redete und bewirkte, dass alle getötet wurden, die das Bild des Tieres nicht anbeteten.“ (Offenbarung 13,14f) Was bedeutet die Formulierung „dem Tier ein Bild machen“? Ein Bild gibt etwas anderes wieder, ist ihm ähnlich, reflektiert es. Wenn ein Junge das Ebenbild seines Vaters ist, hat er viele Wesenszüge mit ihm gemeinsam.
Erinnern wir uns: die Offenbarung ist voller Symbole. Deshalb ist das Bild des Tieres auch nicht wörtlich zu verstehen, etwa als Götzenbild oder Statue. Vielmehr ist es ein Abbild und eine Wiederholung von etwas, das schon das erste Tier tat, nämlich die religiöse Intoleranz und Unterdrückung des finsteren Mittelalters.
Mit Gewalt fromm
Auf der Höhe ihrer Macht bediente sich die mittelalterliche Kirche im Westen wie im Osten der Staatsgewalt. Sie war befugt, Staatsbeamte zu ernennen, Abweichler zu bestrafen, Güter zu beschlagnahmen und Menschen einzusperren oder sogar zu töten. Es war eine mächtige Verbindung zwischen Kirche und Staat.
Jetzt stellen wir uns einmal ein Volk vor, das innerlich zerrissen ist und von Verbrechen und Kriminalität überschwemmt wird. Die Leute haben Angst, weil es keine Maßstäbe für Gut und Böse mehr zu geben scheint. Kinder metzeln andere Kinder in der Schule nieder. Gewalt, Obszönität und Missbrauch ufern aus. Es sieht aus, als könne die Gesellschaft den Krieg gegen Drogen, Terrorismus und viele andere Bedrohungen nicht gewinnen.
Schon jetzt fordern die Menschen Lösungen, und der häufigste Reflex ist: „Wir bräuchten dafür ein Gesetz!“ Mit den besten Absichten werden Bürger sich zusammenschließen und Gesetze verabschieden, die das Land retten sollen. Sie denken, sie könnten das Land retten, wenn sie Moral gesetzlich erzwingen. „Unser Land muss wieder christlich (oder orthodox oder islamisch oder hinduistisch …) werden!“, sagen sie. Das Motiv ist gut, aber der Weg ist falsch. Die Versuchung liegt darin, in der Gesellschaft mit Gesetz und Druck das bewirken zu wollen, was eigentlich die Kirchen durch echte Lehre und Predigt hätten erreichen sollen. Man kann sich vorstellen, was für mächtige Wellen eine Gesetzesinitiative schlagen wird, die sich im Gewand religiöser Erweckung und von Zeichen und Wundern begleitet präsentiert.
Robert Grant, Leiter der Organisation Christian Voice in den USA, sagte: „Wenn wir Christen uns zusammentun, können wir alles erreichen. Wir können jedes Gesetz und jede Verfassungsänderung durchbringen. Und genau das haben wir vor.“ Ein anderer Führer, Pat Robertson, schrieb: „Die erste Bürgerpflicht in Gottes neuer Weltordnung ist: ‚Gedenke des Sabbattags, dass du ihn heiligst.’ Dieses Gebot ist zum Nutzen jedes Einzelnen … Höher entwickelte Zivilisationen entstehen, wenn die Menschen ruhen, nachdenken und von Gott inspiriert werden können. In Amerika wurde ein gesetzlicher Ruhetag [ein Sonntagsgesetz] bisher immer als Verletzung der Trennung von Kirche und Staat abgelehnt … Es ist eine offene Beleidigung Gottes und seines Planes, dass die Politik nur solche Bestrebungen anerkennt, die klar säkular motiviert sind.“ (The New World Order, S. 236)
Es wird eine tiefe persönliche Überzeugung brauchen, dann am biblischen Sabbat festzuhalten. Sehen wir seine Argumentation? Er sagt, wir haben Sonntagsgesetze zu etwas Illegalem gemacht; aber wenn wir unser Volk als Ganzes wieder zurück zu Gott bringen wollten, müssten wir Gott gemeinsam anbeten. Deshalb ist es nur logisch, wenn in einer Zeit schwindender moralischer Werte – und der Krise! – sich an einem Punkt alle vereinen: der Heiligung des Sonntags, den die meisten christlichen Kirchen sowieso schon halten. Es wird eine tiefe persönliche Überzeugung brauchen, dann am biblischen Sabbat festzuhalten.
Nein, die USA sind nicht die letzte Supermacht. Die wird erst kommen, wenn der Stein, der ohne menschliche Hände herausgetrennt wurde, alle menschlichen Staaten zerschmettern und Gottes Reich aufrichten wird.
Ich möchte noch von Milton Schustek erzählen. Er lebte unter sowjetischer Herrschaft und in einer Zeit großer religiöser Unterdrückung in der Tschechoslowakei. Als die Kommunisten das Land übernahmen, wollte er frei seine Bibel lesen können und als Pastor arbeiten. Aber die Kommunisten hatten andere Pläne. Sie wollten alle Prediger zu Arbeitern machen. Milton wusste, dass sie ihn so weit wie möglich von seiner Gemeinde fortschicken wollten – weit weg in die Kohleminen.
Aber dann kam ihm eine Idee, die es ihm vielleicht erlauben würde, ganz nah bei seiner ihm anvertrauten Gemeinde in Prag zu bleiben. Er dachte an eine Arbeit, die niemand tun wollte: die Abwasserkanäle reinigen. Keiner wollte in diese engen, dreckigen, unterirdischen Gänge viele Meter unter der Stadt hinabsteigen.
Milton entschied, wegen dieser Arbeit die zuständigen kommunistischen Beamten aufzusuchen. Aber zuerst kniete er nieder und betete: „Jesus, ich möchte dich jeden Sabbat anbeten. Bitte hilf mir, Dein Gesetz zu halten und Dir gehorsam und treu zu sein!“
Nachdem er zur zuständigen örtlichen Parteibeamtin hereingebeten worden war, sagte Milton: „Ich weiß schon, dass Sie mich in die Kohleminen zur Arbeit schicken möchten. Aber lassen Sie mich etwas sagen. Mein Großvater arbeitete in den Minen, mein Vater arbeitete in den Minen, und auch ich bin bereit, in den Minen zu arbeiten, wo immer Sie mich haben wollen.
Aber ich habe einen Vorschlag. Sie brauchen jemanden, der den schlimmsten Job erledigt, den Sie haben: die Abwasserkanäle reinigen. Und ich bin dazu bereit. Warum teilen Sie mir nicht diese Arbeit hier in Prag zu? Ich würde das sehr gerne machen, dann könnte ich meinen Gott hier weiter anbeten.“ Irgendwie wurde das Herz dieser Parteigenossin angerührt. Sie schaute auf ihren Tisch, blickte dann zu ihm auf und sagte: „Pastor, ich bin nicht gottesfürchtig. Ich versuche nur, die Arbeitsprogramme abzuwickeln. Aber ich werde Sie Ihren Gott anbeten lassen. Gehen Sie und reinigen Sie die Kanäle.“ Ich werde nie das Gesicht Miltons vergessen, als er diese Geschichte erzählte. Er gab zu, dass die Arbeit sehr hart, ganz im Dunkeln und sehr anstrengend war. Aber jeder Tag sei es wert, sagte er. „Ich kann meinen Gott in Gehorsam und Wahrheit anbeten.“ Eines Tages wird jeder Gläubige gerufen sein, denselben Glauben zu beweisen.
P. Gerard Damsteegt, „Sind die USA die letzte Supermacht?“, Standpunkte (Ausg. 8, 2006), S. 43-48