EKD: 6. Kirchenmitgliedsschaftsuntersuchung (KMU) mit dramatischen Ergebnissen
Anlässlich der EKD-Synode in Ulm wurde die 6. Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung (KMU) vorgestellt. Erstmals wurden auch Katholiken befragt. Der Studie zufolge stehen die Kirchen vor „multiplen Krisen“. Kirchenbindung und Religiosität gehen dramatisch zurück.“ Dies berichtet die Evangelische Nachrichtenagentur Idea am 17. November 2023 unter dem Titel: „Kirche, Was nun?“
Fast die Hälfte der deutschen Bevölkerung konfessionslos
Erstmals seit 1972 sei die Befragung eines repräsentativen Anteils der Gesamtbevölkerung erfolgt, berichtet ekd.de. Folgende Zahlen spiegeln die konfessionelle Zusammensetzung der Bevölkerung Deutschlands wider: 43 Prozent konfessionslos, 25 Prozent katholisch, 23 Prozent evangelisch, 5 Prozent nichtchristliche Konfessionen (hauptsächlich Islam). Zugehörigkeiten zu Freikirchen oder zu orthodoxen Kirchen würden jeweils unter 2 Prozent betragen.
Dramatische Ergebnisse
Bei der Befragung wurden teils dramatische Ergebnisse deutlich. 56 Prozent würden sich als uneingeschränkt nicht religiös bezeichnen. Zwei Drittel der Kirchenmitglieder tendieren mehr oder weniger zum Kirchenaustritt. Interessant ist, dass sich Menschen mit einem eher hohen Sozialstatus eher an die Kirche gebunden zu scheinen als Menschen mit einem eher niedrigen Status: Kirche für Reiche und Gebildete statt für die Schwachen und Kranken. Etwa jedes vierte Kirchenmitglied würde sich selbst nicht als Christ oder Christin bezeichnen. Maßgeblich ist der Einfluss der Kinderstube: Nur 8 Prozent derjenigen, die als Kinder keine religiöse Zugehörigkeit hatten, seien später einer Religionsgemeinschaft beigetreten. Insgesamt wird der evangelischen Kirche von allen Teilen der Bevölkerung signifikant mehr Vertrauen entgegengebracht als der katholischen Kirche. Selbst Katholiken vertrauen der evangelischen Konkurrenz mehr als ihrer eigen katholischen Zunft.
Abwärtstrend Gottesdienstbesuch: Seit Corona noch verstärkt
Die Quote der Gottesdienstbesuche sei in den vergangenen Jahrzehnten deutlich gesunken. Die COVID-19-Pandemie habe diesen Trend weiter beschleunigt. Bei den Katholiken seien die Gottesdienstbesuche seit 1990 um etwa 20 Prozent gesunken, bei den Protestanten liege der Rückgang mit sieben Prozent niedriger. Dennoch besuchten immer noch mehr katholische Christen den Gottesdienst als Protestanten. Bemerkenswert auch die Ansprüche an Gottesdienste: Nur 25 Prozent hätten den Anspruch, etwas „vom Heiligen erleben“ zu wollen. Gefragt nach den Gründen für ihre Kirchenmitgliedschaft geben 25 Prozent der Kirchenmitglieder an: „Weil sich das so gehört“, mehr als ein Drittel beantworten diese Frage mit:
„Weil ich einmal kirchlich bestattet werden möchte. Weniger als ein Drittel antworten mit: „Weil sie mir einen inneren Halt gibt“.
Evangelium von Jesus Christus muss wiederentdeckt werden
Idea nahm die jüngste Mitgliederbefragung zum Anlass, einige Experten um eine Stellungnahme zu bitten. Pfarrer Alexander Garth (Berlin), Beauftragter der Evangelischen Allianz in Deutschland für Theologie, Evangelisation und Gemeindeentwicklung, benannte einen eklatanten Widerspruch:
„Wir haben eine Kirche, vor allem wir Evangelischen, die sich genau in die Richtung profiliert, die sich die überwiegende Mehrheit der Menschen wünscht. Eine Kirche, die sich stark gesellschaftlich-politisch engagiert, […], sich nicht zu viel mit religiösen Fragen beschäftigt, homosexuelle Partnerschaften segnet, sich für Geschlechtergerechtigkeit stark macht, dem Klimawandel entgegenwirkt und Veränderungsprozesse ihrer Organisation betreibt, die in die richtige Richtung gehen. […] Eigentlich müssten die Leute uns die Türen einrennen. Stattdessen mehrt sich die Zahl derer, die aus der Kirche austreten. Wie ist dieser Widerspruch zu erklären?“
Garth sieht den Verlust der eigentlichen Identität und Berufung als das grundlegende Dilemma. Aus der Kirchengeschichte sei zu lernen:
„Alle Aufbrüche aus den Krisen der Kirche entzündeten sich an der Wiederentdeckung des Evangeliums von Jesus Christus, an der Faszination, die er ausstrahlt.“
Von Jesus reden!
Pfarrer David Brunner sagt:
„Nur 29 Prozent der evangelischen Christen (!) teilen ein christliches Gottesbild. Hier muss Kirche ansetzen, wenn sie christliche (!) Kirche bleiben will: Nicht mehr nur von Gott als Platzhalter für ein höheres Wesen sprechen, sondern explizit von Jesus Christus. Das ist doch das Alleinstellungsmerkmal einer jeden christlichen Kirche: der Glaube an den gekreuzigten und auferstandenen Jesus Christus. Mich verwundert es nicht, dass über 70 Prozent der Befragten kein christliches Gottesbild haben, wenn nicht einmal alle Pfarrerinnen und Pfarrer von Jesus Christus reden und ihn verkündigen.“
Damit steht Brunner auf biblischen Grund. Die Urgemeinde wuchs und nahm zu, als die ersten Apostel von Jesus als auferstandenem Erlöser und wiederkommenden Heiland sprachen.
„Und es ist in keinem anderen das Heil; denn es ist kein anderer Name unter dem Himmel den Menschen gegeben, in dem wir gerettet werden sollen!“,
sprach Petrus, erfüllt mit dem Heiligen Geist, als man ihm verbieten wollte, von Jesus zu sprechen. Jesus Christus war damals der Eckstein, auf dem die Gemeinde erbaut wurde, und er ist es heute noch immer.
StpH, 20.11.2023, 21:56 Uhr