Facebook muss erstmals Löschung aufheben
Facebook muss erstmals Löschung aufheben
Zum ersten Mal hat ein deutsches Gericht der sozialen Plattform Facebook die Löschung eines Kommentars sowie die Sperrung des Nutzers untersagt. Der Hamburger Rechtsanwalt Joachim Steinhöfel konnte dafür beim Berliner Landgericht eine einstweilige Verfügung erwirken. Den Beschluss bezeichnete er als „wichtigen Etappensieg für die Meinungsfreiheit“.
Was war geschehen? Anfang Januar hatte die Basler Zeitung den Artikel „Viktor Orban spricht von muslimischer ‚Invasion‘“ auf ihrer Facebook-Seite verlinkt und den ungarischen Regierungschef mit den Worten zitiert:
Viktor Orban wundert sich, „wie in einem Land wie Deutschland das Chaos, die Anarchie und das illegale Überschreiten von Grenzen als etwas Gutes gefeiert werden konnte“.
Der Nutzer Gabor B. hatte daraufhin kommentiert:
Die Deutschen verblöden immer mehr. Kein Wunder, werden sie doch von linken Systemmedien mit Fake-News über „Facharbeiter“, sinkende Arbeitslosenzahlen oder Trump täglich zugemüllt.
Der Kommentar zog schnell viele Likes auf sich, wurde dann aber von Facebook gelöscht und Gabor B. für 30 Tage gesperrt. Begründung: Verstoß gegen die Gemeinschaftsstandards. Steinhöfel, einer der bekanntesten deutschen Medienrechtler, erklärte dazu:
Man mag die Einschätzung des Kommentators teilen oder die Äußerung als polemisch und unsachlich erachten. Wichtig ist nur: Der Kommentar ist von der Meinungsfreiheit gedeckt.
Auf die Abmahnung des Anwalts hin hob Facebook die Nutzersperre auf, nicht jedoch die Löschung und ließ mitteilen, dass eine „erneute sorgfältige Überprüfung zu dem Ergebnis (kam), dass die Gemeinschafsstandards korrekt angewendet worden waren“. Durch die einstweilige Verfügung wird dem Unternehmen jetzt die Löschung und Sperre unter Androhung von Ordnungsgeldern bis 250.000 Euro oder Ordnungshaft untersagt. Steinhöfel, der selbst einen Blog betreibt, stellte fest:
Dies ist ein richtungsweisender Beschluss und die erste derartige Gerichtsentscheidung in Deutschland. Endlich haben Nutzer eine Handhabe gegen die intransparenten Machenschaften eines Konzerns, der mit seiner Verantwortung umgeht, als handele er mit gebrauchten Fahrrädern,
Der Jurist bekräftigte zudem seine Kritik an dem vor einem halben Jahr in Deutschland erlassenen Netzwerkdurchsetzungsgesetz, das illegale Äußerungen im Internet bekämpfen soll:
Es ist nicht nur verfassungswidrig, es funktioniert auch nicht, sondern dient noch als Brandbeschleuniger der aktuellen willkürlichen Lösch- und Sperrpraxis.
Steinhöfel gilt als einer der profiliertesten deutschen Medienrechtler, der sich seit vielen Jahren für die Meinungsfreiheit starkmacht und auf Erfahrungen aus rund 10.000 Zivilprozessen im Bereich Internet und E-Commerce zurückblicken kann, von denen über 200 sogar bis zum Bundesgerichtshof (BGH) gingen.
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