Feindschaft zwischen Christen und Marxisten – ein Missverständnis?
Was haben der Vatikan und Marxisten gemeinsam? Auf den ersten Blick außer jahrzehntelanger erbitterter Feindschaft nicht viel. Schließlich denkt man sofort an den bekannten Ausspruch von Karl Marx: Religion ist das Opium des Volkes! Dennoch entwickelt sich erstaunlicherweise seit Jahren ein zunehmend freundschaftlicher Austausch zwischen dem ungleichen Paar.
„DIALOP“ heißt die dazugehörige christlich-marxistische Dialoggruppe, die 2014 nach einem Treffen von Papst Franziskus, dem ehemaligen griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras und dem heutigen Vorsitzenden der Europäischen Linken, Walter Baier, ins Leben gerufen wurde.
Baier berichtet in einem Interview mit Radio Vatikan begeistert von der „DIALOP“-Audienz Anfang Januar dieses Jahres beim Papst:
„Ich glaube, dass die […] Feindschaft von Christen und Marxisten eines der großen Missverständnisse des 20. Jahrhunderts ist. Betrachte ich heute die Lehren des Papstes – Engagement für die sozial Ausgegrenzten, für die Armen, für Mutter Erde, für den Frieden –, muss ich sagen, dass […] eine Zusammenarbeit zwischen […] Menschen, die sich marxistischer Theorien beim Verständnis der Welt bedienen, eigentlich eine organische Sache ist.“
Mittlerweile hat sich Baier den scherzhaften Titel „Lieblingsmarxist des Vatikans“ erarbeitet und den Papst wiederum fest ins Herz geschlossen. Die Grundlage dieser Freundschaft bilden die Themen soziale Gerechtigkeit und ökologische Transformationen, die sich auch in den Enzykliken Laudato si‘ und Fratelli tutti wiederfinden. Dafür erntet der Papst nicht nur Beifall. Zu stark sei der Einfluss marxistischer Ideen in den päpstlichen Papieren. Ein berechtigter Vorwurf? Dem weicht Baier aus:
„Inwieweit in die Enzykliken […] Resultate marxistischer Gesellschaftsanalyse eingegangen sind, ist schwer zu beurteilen […].“
Und selbst wenn – wo liegt das eigentliche Problem? Schließlich sind Nächstenliebe und die Bewahrung der Schöpfung biblische Themen.
Dazu hilft ein Blick in die Geschichte. Das Problem der kommunistischen Idee lag und liegt nicht nur in der Ablehnung jeglicher Religion. Marx wollte die Religion nicht abschaffen – er wollte sie überflüssig machen, indem durch marxistische Transformation das Paradies auf Erden geschaffen wird.
Diese Ideologie hat sich aber in allen kommunistischen Reichen als Wunschdenken erwiesen – der Mensch lässt sich nicht gleichschalten! Daher ging es nie ohne brutale Gewalt und Verfolgung. Das war in der DDR so, und ist bis heute in Ländern wie Nordkorea und China der Fall. Christen wie auch Sozialisten, Marxisten und Kommunisten hätten dasselbe Ziel, eine „bessere, brüderliche Zukunft“, so Franziskus bei der Audienz von „Dialop“.
Das Paradies auf Erden marxistischer Machart als gemeinsames Ziel?
Ein merkwürdiges Ansinnen für den angeblichen Stellvertreter dessen, der „Mein Reich ist nicht von dieser Welt“ gesagt hat (Joh. 18,36). Die Prophetie der Bibel erteilt allen Visionen von einem irdischen Friedensreich eine klare Absage. Jesus Christus wird bald in Herrlichkeit erscheinen und diese von Sünde zerfressene Welt gerecht und mit Vollmacht richten. Erst dann wird es eine echte Neuschöpfung geben, die alle irdischen Vorstellungen übertrifft.
„Und ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde; denn der erste Himmel und die erste Erde waren vergangen, und das Meer ist nicht mehr. […] Und er wird bei ihnen wohnen, und sie werden sein Volk sein, und Gott selbst wird bei ihnen sein, ihr Gott. Und er wird jede Träne von ihren Augen abwischen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Trauer, noch Geschrei, noch Schmerz wird mehr sein; denn das Erste ist vergangen.“ – Offenbarung 21, 1-3