Freiheit in Gefahr
„Zugriff auf dem Rollfeld: Französische Sicherheitskräfte haben am Samstagabend Pawel Durow, Gründer und Chef der Chat-App Telegram, auf dem Flughafen Le Bourget in Paris festgenommen, nachdem dieser mit einem Privatjet gelandet war. Seit dem Aufkommen von Messenger- und Social-Media-Plattformen gibt es keinen bekannten Fall, in dem westliche Behörden den Betreiber eines millionenfach genutzten Dienstes verhaftet haben“, vermeldete der Spiegel am Montag, dem 26.8.2024. Schon einen Tag zuvor wurde unter Berufung auf den französischen Sender TF1 knapp von dieser Neuigkeit berichtet, nur wenige Informationen sickerten durch. Schätzungsweise über 700 Millionen nutzen Telegram, eines der größten Messengerdienste weltweit.
Die französischen Behörden ließen sich Zeit, die Festnahme zu erklären oder überhaupt nur zu bestätigen. Erst am Montagabend hätte die Pariser Staatsanwaltschaft auf Anfrage eine lange Liste an Straftatbeständen verschickt, in deren Kontext Durow befragt würde. Dabei tauche immer wieder „Beihilfe“ in der Liste auf:
„Beihilfe zur organisierten Verbreitung von Kindesmissbrauchsmaterial, zum Drogenhandel, zur Verbreitung von Hackingwerkzeugen oder Schadsoftware, zum organisierten Bandenbetrug. Außerdem erwähnt ist die ‚Weigerung, auf Ersuchen der befugten Behörden Informationen oder Unterlagen zu übermitteln, die für die Durchführung und Auswertung von gesetzlich zulässigen Abhörmaßnahmen erforderlich sind‘. Die Vorwürfe der ‚kriminellen Vereinigung‘ und der Geldwäsche werden sogar ohne ‚Beihilfe‘ aufgeführt.“
Gemäß Spiegel dürfte ein rechtlicher Knackpunkt „insbesondere die Frage sein, wieso Durow als Unternehmenschef für konkrete Inhalte auf seiner Plattform verantwortlich sein soll.“
Was die Ermittler scheinbar an Telegram stört, ist, dass sie keine direkten Zugriffsmöglichkeiten auf Telegram erhalten, sondern Telegram im Einzelfall immer selbst entscheidet, wie es reagiert. Die Berliner Zeitung drückt es so aus:
„Es geht […] um den Kampf der staatlichen Kontrolle über die globale Internet-Infrastruktur.“
Das Unternehmen selbst stellt fest, dass Telegram die EU-Gesetze wie den Digital Services Act (DSA) befolge;
„die hauseigene Moderation entspreche den Branchenstandards. Es sei ‚absurd zu behaupten‘, eine Plattform oder ihre Besitzer seien ‚verantwortlich für den Missbrauch der Plattform‘.“
Was in Frankreich gerade passiert, ist vergleichbar damit, Victorinox verklagen zu wollen, weil mal wieder jemand etwas unheilvolles mit einem Victorinox-Messer angestellt habe.
„Am Mittwochabend war Pawel Durow wieder ein freier Mann“, schrieb der Spiegel am 26.08.2024, als Durow nach der gesetzlich in Frankreich maximal möglichen Dauer von 96 Stunden nach der Festnahme aus der Untersuchungshaft entlassen wurde. Freier Mann ist dabei reichlich euphemistisch ausgedrückt:
„Durow wurde angeklagt und unter richterlicher Aufsicht mit einer Kaution von fünf Millionen Euro und der Verpflichtung freigelassen […], zweimal pro Woche bei der Polizei zu erscheinen. Ihm ist untersagt, Frankreich zu verlassen. Berichten zufolge drohen ihm bis zu zehn Jahre Gefängnis“,
beschreibt es die Berliner Zeitung etwas realistischer und fragt: „Hat der Westen einen neuen Julian Assange?“
Auf Twitter meldete sich Edward Snowden, der selbst im russischen Exil lebt, zu Wort:
„Die Verhaftung von @Durov ist ein Angriff auf die grundlegenden Menschenrechte der Rede und der Gesellschaft. Ich bin überrascht und zutiefst betrübt, dass Macron sich auf das Niveau einer Geiselnahme herabgelassen hat, um Zugang zur privaten Kommunikation zu erhalten. Das ist nicht nur eine Schande für Frankreich, sondern für die ganze Welt.“
Und auch Elon Musk, Inhaber von X, vormals Twitter, schrieb auf Französisch: „Freiheit, Freiheit! Freiheit?“
Dabei war es gerade die Idee der Freiheit, die Telegram laut Durow verkörpern sollte:
„Freiheit von Zensur, Freiheit von Eingriffen in die Privatsphäre, Freiheit von staatlichen Aufsichtsbehörden.“
Durow selbst ist nach seinem Freiheitstraum erst einmal unsanft erwacht. Wie man es auch dreht und wendet, mit der Freiheit scheint es nicht weit her zu sein – nirgendwo.
Bleibt die Freiheit, die Jesus anzubieten hat:
„Wenn euch nun der Sohn frei machen wird, so seid ihr wirklich frei.“ (Johannes 8,36; Schlachter)
Jesus spricht hier von der Freiheit des Geistes, die frei macht „vom Gesetz der Sünde und des Todes.“ (Römer 8, 2; Luther 2017)
Diese Freiheit kann niemand schenken als Jesus Christus allein, und niemand kann sie rauben. Es ist die am meisten erstrebenswerte Freiheit; wer diese Freiheit besitzt, hat ewiges Leben. Um diese Freiheit zu ringen, ist ein lohnenswertes Ziel.
StpH, 04.09.202