German free: Von Made in Germany zu Mad in Germany

Es ist nicht lange her, da war Made in Germany ein Gütesiegel, welches in aller Welt für sich selbst sprach. Deutsche Ware war Qualitätsware, durchdacht und langlebig. Doch das war einmal: Heute wird „German free“ zum Werbeslogan. „Zu viel Moral, zu hohe Preise, zu wenig Technologiekompetenz: Wie die deutsche Politik es der Wirtschaft immer schwerer macht, mit der Weltspitze mitzuhalten. Die großen Konzerne reagieren bereits. Der Mittelstand wird folgen“, schrieb manager magazin bereits Ende 2023. Der Trend hat sich fortgesetzt, mit der Wirtschaftsmacht Deutschland geht es bergab.

Als Ende des 20. Jahrhunderts England von immer mehr Produkten anderer Länder überschwemmt wird, die nicht die hohen Qualitätsstandards englischer Ware einhalten, beginnen die Engländer 1887 mit dem Merchandise Marks Act die Ware ausländischer Produzenten zu kennzeichnen, um die einheimische Bevölkerung vor billigem Imitat zu schützen. So entsteht auch das Label „Made in Germany“ – als eine Warnung vor schlechter Qualität. Die Botschaft ist: „Lasst es liegen, kauft englische Waren“, zitiert der mdr den Historiker Ulf Morgenstern. Der Unternehmer Richard Hartmann aus der sächischen Industriestadt Chemnitz beschließt, den Spieß umzudrehen:

„Das Stigma soll zu einem Qualitätssiegel werden. Statt minderwertiger Waren sollen Produkte mit einem hohen Standard produziert werden.“

„Der Plan geht auf“, schreibt der mdr. Deutsche Produkte werden nicht vom Markt gedrängt, sondern sind begehrt. Die deutsche Wirtschaft floriert, Chemnitz wird zur „Boomtown“. Ein Happy End also für das „Made in Germany“-Zeichen, dass sich dank der Impulse aus Chemnitz zu einem Qualitätssiegel entwickelt hat?

Lange Zeit scheint es so. Trotz zweier Weltkriege, die Deutschland zu einem großen Teil zerstört hinterlassen, ist Deutschland wirtschaftlich so stark, dass es in den Jahren 2003 bis 2008 Exportweltmeister ist. Ab 1963 beträgt der Anteil deutscher Exporte am Welthandel regelmäßig um die zehn Prozent. All das ist nicht zuletzt Folge von in Deutschland hergestellten Produkten guter Qualität.

Dieser Trend ist seit einigen Jahren gebrochen, mittlerweile weist er deutlich in die gegenteilige Richtung. Diese Tatsache veranlasst Wirtschaftsprofessor Klaus Schweinsberg zur Idee für ein neues Label: „Mad in Germany“ statt „Made in Germany“. Hersteller und Foren würden seit einiger Zeit damit werben, dass ihre Produkte „German free“ seien, also keinerlei Bauteile aus Deutschland enthalten. Das gelte insbesondere für die Sicherheits- und Verteidigungstechnologie. Dort dränge die Konkurrenz die deutschen Anbieter mit diesem Label schon etwas länger an die Seite. Und es stehe zu befürchten, dass „German free“ auch auf anderen Märkten zum Werbeslogan wird.

„Zumindest tun wir sehr viel dafür: Wir moralisieren uns aus bestimmten Segmenten, wir preisen uns aus bestimmten Märkten, und wir dilettieren uns aus bestimmten Technologien.“

Wie aber kann es sein, dass ein Land, welches zwei Weltkriege überstanden hat, das an 19. Stelle steht, was die Weltbevölkerung betrifft und durch seine Schaffenskraft sechs Jahre lang Exportweltmeister war, in eine Krise gerät, die zu derart pessimistischen Aussagen führt?

Symptome gibt es auch auf anderen Gebieten unzählige, die diese Diagnose bestätigen. So sollen Investitionsgarantien des Bundes künftig an die Erfüllung der klimapolitischen Sektorleitlinien Deutschlands gekoppelt werden:

„Wenn wir mit China sprechen, bekommen wir einen Flughafen. Sprechen wir mit Deutschland, gibt es einen Vortrag“,

äußerte sich die aus Nigeria stammenden Generaldirektorin der World Trade Organisation (WTO), Ngozi Okonjo-Iweala (69), im September bei der Botschafterkonferenz des Auswärtigen Amtes. Auf der anderen Seite verlegen immer mehr deutsche Traditionsmarken die Produktion ins Ausland. So werden Chemiekonzerne BASF und Lanxess die Produktion von Ammoniak in Deutschland teilweise aufgeben. „Zu den Energiepreisen hierzulande sei das wirtschaftlich nicht mehr möglich“, beschreibt es das manager magazin. Das Familienunternehmen Miele verlagert Arbeitsplätze nach Polen.

„Warum Deutschland schon wieder eine Rezension blüht“, titelt der Spiegel und schreibt weiter:

„Großkonzerne wie Volkswagen drohen mit Werksschließungen, der Chip-Riese Intel hat seine milliardenschweren Pläne für einen Fabrikneubau auf Eis gelegt.“

Industriefirmen gingen die Aufträge aus, vorhandene Produktionskapazitäten würden nicht ausgenutzt.

„Jetzt haben die führenden deutschen Wirtschaftsinstitute ihre Wachstumsprognose erneut abgesenkt. […] ‚An den Trend von vor der Covid-19-Pandemie wird das Wirtschaftswachstum in Deutschland nicht mehr anknüpfen können‘, so die Forscher.“

Laut Klaus Wohlrabe vom Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München (Ifo-Institut) befänden sich alle „neun regelmäßig vom Ifo-Institut abgefragte Branchen, von der Industrie bis zur Gastronomie […] mittlerweile in einer Phase der Abkühlung oder Krise. Wohlrabe ergänzt: „‚Ich sehe nirgendwo einen positiven Impuls.‘“

Eine weitere Hiobsbotschaft aus deutscher Sicht ist, dass die italienische UniCredit sich anschickt, das zweitgrößte deutsche Geldhaus, die Commerzbank, sich in aggressivem Stil einzuverleiben. Als eine „unfreundliche Attacke“ bezeichnete das Olaf Scholz. Schon 2005 hatte sich die UniCredit die damalige bayerische HypoVereinsbank (HVB) erworben und in den Konzern integriert, die Zahl der Arbeitsplätze wurde von 27.000 auf 9.000 gedrittelt. Schon jetzt halten die Italiener 21 Prozent der Anteile der Commerzbank, sie wollen auf 29,5 Prozent erhöhen. Die Bundesregierung mir nur zwölf Prozent Beteiligung muss machtlos zuschauen, auch wenn Scholz sagt: „Eine Übernahme unterstützen wir nicht.“ „Raubtierkapitalismus“ nennt es die Zeit. Laut Spiegel hat die Commerzbank „eine herausragende Bedeutung als Kreditgeber des deutschen Mittelstandes, der das Rückgrat der hiesigen Wirtschaft bildet.“ Hinter der UniCredit und der Übernahme stehen zwei Banker aus Rom: Neben dem Chef der UniCredit Andreas Orcel ist es der Absolvent einer Jesuiten-Eliteschule Mario Draghi. Bereits 2010 hatte der frühere italienische Premierminister Mario Monti, ebenfalls Zögling einer Jesuiten-Schule, EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso einen Bericht über eine neue Strategie für den Europäischen Binnenmarkt vorgelegt. Das Rückgrat des deutschen Mittelstandes, der das Rückgrat der deutschen Wirtschaft ist, in italienischer Hand? „Hohe Schulden, Nullwachstum, steigende Zinsen: Nirgends sonst in Europa ist Finanzpolitik so heikel wie in Italien. Bislang hält die rechtskonservative Regierung Kurs. Sollte sie scheitern, steht Europa vor einem Scherbenhaufen“, schreibt das manager magazin. Italien sei der größte Nutznießer eines 2020 ins Leben gerufenen Corona-Fonds, bis 200 Milliarden Euro seien potentiell abrufbar, 65 wurden bereits investiert. Deutschland ist der mit Abstand größte Nettozahler in die EU, absolut gesehen als auch pro Kopf. Italien ist der größte Nutznießer: Berlin finanziert Rom. Von 2014 bis 2020 sind 94 Milliarden Euro in den EU-Topf gewandert, 2021 waren es 21,4 Milliarden Euro, 2022 waren es 19,7 Milliarden Euro, 2023 waren es 17,4 Milliarden Euro. Von 2014 bis 2023 waren es insgesamt 153 Milliarden Euro. Die Europäische Kommission veröffentlicht diese Zahlen, anders als früher, nicht mehr selbst. Es mangelt an Transparenz. Erst finanziert Deutschland Italien, dann kauft Italien ein wesentliches Standbein des Wirtschaftsortes Deutschland?

All das schaut nicht gut aus für Deutschland. Gleichzeitig wurden bisher 35 Milliarden Euro in den Ukrainekrieg gesteckt – „als humanitäre Unterstützung, direkte Zahlungen oder in Form von Waffen.“ Eine in weiten Teilen zunehmend unzufriedene Bevölkerung nimmt wahr, dass von 2017 bis 2023 36,5 Milliarden Euro für Asylsuchende ausgegeben wurden, während gleichzeitig Bilder und Videos der eingestürzten Carola-Brücke in Dresden die Misere des ehemaligen Hochtechnologiestandort Deutschland symbolisch verdeutlichen. 400 weitere Brücken sind marode. Eine gesprengte Pipeline, ein Embargo, Gas aus Russland zu kaufen, welches zu überteuerten Preisen aus Indien am Ende doch gekauft wurde, eine verkehrte Energiepolitik sowie der Versuch, den Verbrenner radikal und in Kürze abzuschaffen, machen Deutschland zu einer wirtschaftlichen Karikatur seiner selbst.

„Der Faule begehrt und kriegt’s doch nicht; aber die Fleißigen kriegen genug.“ (Sprüche 13,4 – Luther) Diese biblische Arbeitsethik, die nach der Reformation zur protestantischen Ethik wurde und am Ende die Arbeitsethik eines ganzen Volkes wurde, hatte Deutschland vorangebracht und zu einem der wirtschaftlich erfolgreichsten Länder der Welt gemacht. Gibt Deutschland, neben vielen anderen protestantischen Idealen, auch die protestantische Arbeitsethik auf bzw. wird von Politikern regiert, die die Wirtschaftsmacht Deutschland gezielt an die Wand fahren, wird es mit Deutschland weiter bergab gehen. Da auf dieser Erde wirtschaftlicher Erfolg und das Sammeln von Schätzen immer unsicher und gefährdet sind, ist es statt dessen sinnvoller, „Schätze im Himmel [zu sammeln], da sie weder Motten noch Rost fressen und da die Diebe nicht nachgraben noch stehlen.“ (Matthäus 6, 19.20 – Luther). Diese Schätze kann niemand nehmen, sie reichen bis in das ewige Leben hinein. Es ist klug, dort zu investieren, wo keine Politik zerstören und kein Dieb stehlen kann.

StpH, 30.09.2024


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