Iraner und der Glaube

Interview mit Shahbaz

Persien bzw. der Iran ist ein Land mit einer Jahrtausende alten Kultur. Auch in der Bibel wird das medo-persische Reich erwähnt: Der Prophet Daniel sah es in seinen Visionen als Nachfolger des neubabylonischen Imperiums, was sich historisch im Jahr 539 v. Chr. mit der Einnahme der Stadt Babylon erfüllte.

In Deutschland leben heute rund 150000 Menschen aus dem Iran. Sie sind ausgesprochen integrationswillig und mit über 50% Akademikern herausragend gut gebildet. Eine hohe Anzahl arbeitet in Vertrauensberufen – z.B. als Ärzte, Ingenieure oder Pädagogen.

Obwohl die iranische Bevölkerung zu 98 % muslimisch ist, sind viele Iraner offen für den christlichen Glauben – im Gegensatz zu ihrem Land, das auf dem Weltverfolgungsindex von Open Doors den neunten Platz einnimmt. Was passiert, wenn sich Iraner trotzdem für das Christentum entscheiden? Darüber haben wir mit Shahbaz gesprochen, der heute Siebenten-Tags-Adventist ist.


Shahhaz, du bist Iraner, hast aber den christlichen Glauben angenommen. Wie steinig war dieser Weg?

Mein Weg zum Christentum war anfangs ziemlich steinig. Ich hatte Widerstand von Freunden und meiner Familie. Ich wurde Christ in den USA. Wir sind dort hingezogen, als ich noch recht jung war. Ich kam als Moslem, aber dann machte ich eine sehr persönliche Erfahrung mit Jesus Christus und habe ihn lieb gewonnen.

Natürlich wollte ich, dass meine Familie das Gleiche erleben konnte. Ich erinnere mich an einen Abend, als ein Freund sowie meine Brüder und Schwestern bei mir waren: Alle fielen über mich her. Sie sagten ziemlich unschöne Dinge, verspotteten Jesus, die Bibel und allgemein das Christentum. Ich betete die ganze Zeit nur, dass ich ruhig bleiben könne, und ich blieb auch ruhig.

Gott hat mich bewahrt und auf dem guten Weg gehalten, und als ich Gelegenheit hatte, meiner Familie und meinen Freunden Zeugnis zu geben, da ist einer nach dem anderen selbst Christ geworden. Anfangs war der Weg also wirklich steinig. Doch Gott öffnete schnell eine Tür, sodass ich ein Zeuge und Segen für meine Familie sein konnte.

Viele Christen vertreten, Allah sei auch der Gott der Bibel, nur mit anderem Namen. Ist das richtig?

Das ist eine sehr gute Frage, die mir andauernd gestellt wird, wenn ich unterwegs bin. Der Koran und die Bibel sind zwei unterschiedliche Bücher. Der Autor ist anders, der Stil ist anders. Der Gott in diesen Büchern spricht unterschiedlich, auch wenn viele der erwähnten Namen oder Personen dieselben sind. Der auffälligste Unterschied ist, dass Jesus Christus im Koran nicht der Sohn Gottes ist. Er ist nicht der Schöpfergott, ja er ist nicht einmal am Kreuz gestorben. Allah bestreitet, einen Sohn zu haben, und deswegen kann Allah auch nicht der Gott der Bibel sein. Muslime sagen zu Recht, der Gott der Bibel sei nicht derselbe Gott. Darüber könnte man einen ganzen Vortrag halten, doch an dieser Stelle müssen wir festhalten: Es handelt sich nicht um ein und denselben Gott.

Als ich Christ wurde, machte ich meine eigene Erfahrung damit. Eines Tages suchte ich Vergebung von Gott und rief mehrfach zu Allah. Keine Antwort kam. Irgendwann war ich so verzweifelt, dass ich auf den Boden fiel und zu Gott schrie. Allerdings nicht zu „Allah“, sondern ich benutzte den neutralen Begriff choda, der nicht mit einer bestimmten Gottheit verknüpft ist. Als ich Gott so anredete, kam auf der Stelle Jesus in mein Zimmer (durch den Heiligen Geist). Und er schenkte mir ein neues Leben.

Was hat sich im Iran getan, seit du das Land verlassen hast? Ist es heute besser um die Religionsfreiheit bestellt?

Bis zur Revolution von 1979 herrschte im Iran Religionsfreiheit. Dann kam das Land unter muslimische Herrschaft und Scharia-Recht. Seitdem ist es sehr viel schwieriger für Christen und Angehörige anderer Religionen, ihren Glauben auszuleben. Die religiöse Freiheit im Iran ist minimal. Es gibt bestimmte Religionen und Kirchen, die von der Regierung genehmigt sind; sie dürfen ihren Glauben praktizieren, allerdings nur in den engen Grenzen ihres eigenen Heimes oder ihrer Kirche. Was die Religionsfreiheit betrifft, bewegt sich der Iran im weltweiten Vergleich ganz weit hinten. Christen werden dort stark verfolgt.

Viele Iraner wandern in europäische Länder aus. Vor welchen Herausforderungen stehen sie, wenn sie sich einer neuen Kultur anpassen müssen?

Wenn ein Iraner in ein westliches Land kommt, geht es ihm erst einmal wie jedem Menschen, der eine fremde Kultur kennenlernt: Man muss einen gewissen Kulturschock bewältigen. Aber das gelingt Iranern recht gut. Generell fällt es ihnen leichter als anderen muslimischen Gruppen, sich an ein neues Land anzupassen. Iraner kommen mit solchen Herausforderungen gut klar, und ich bin froh, dass wir so gestrickt sind. Wir können das Alte hinter uns lassen und neue Wege zu gehen.

Iraner leben auch nicht gerne in einem Ghetto, abgeschottet von der Außenwelt. Wenn sie nach Deutschland kommen, dann wollen sie auch gerne mit den Deutschen zusammen sein. Genauso in anderen Ländern. Viele studieren sogar und bekommen dann gut bezahlte Stellungen: Sie werden Doktoren, Lehrer usw., weil sie sich einfach gut einbringen. Hilfreich ist außerdem, dass viele schon als Christen kommen oder den christlichen Glauben hier kennenlernen und annehmen. Das macht die Integration sehr viel leichter.

Apropos christlicher Glaube. Du kommst mit vielen deiner Landsleute zusammen. Wie offen sind sie für das Evangelium?

Ich mache in meiner evangelistischen Arbeit die Erfahrung, dass sie sehr offen sind. Selten mal, dass ich einen Iraner treffe, der kein Interesse am Glauben hat. Und das liegt dann gar nicht daran, dass er Moslem ist, sondern dass er überhaupt nicht an ein höheres Wesen glaubt. Ein, zwei Mal bin ich auch auf Iraner gestoßen, die so überzeugte Muslime waren, dass sie gar nicht erst mit mir sprechen wollten. Aber die allermeisten sind ganz offen für das Evangelium. Egal, wo ich hinkomme, ich treffe Dutzende und Hunderte von Iranern, die mir sagen, dass sie Jesus Christus folgen möchten. Es ist sehr leicht, ihnen das Evangelium zu bringen.

Auch hier in Deutschland?

Auch in Deutschland, in Kanada, in den Vereinigten Staaten, in Schweden und an den vielen Orten, wo ich bisher für Iraner gearbeitet habe. Unsere Bemühungen waren in dieser Hinsicht sehr erfolgreich, und ich kann sagen, dass Iraner von allen muslimischen Gruppen für die Gute Nachricht am offensten sind.

Es gibt eine Organisation in den Vereinigten Staaten, die sich mit dem Wachstum des Christentums in den Ländern dieser Welt beschäftigt. Der Iran führt diese Liste auf Platz eins an. Es gibt dort ein Wachstum von 60 – 70% jährlich. Die USA befinden sich bei 0,04% Wachstum – ein gigantischer Unterschied! Man kann wirklich sagen, dass im Iran ein Aufbruch, eine Erweckung geschieht. Es gibt Hunderte und Aberhunderte von Hausgemeinden und Untergrundgemeinden. Die iranische Regierung merkt das und wird mittlerweile ziemlich nervös. Sie versucht, das Feuer zum Erlöschen zu bringen, aber sobald sie ein Feuer austritt, kommen an anderen Stellen zwanzig neue auf.

Zum Beispiel besuchte ich einmal eine nichtadventistische Kirche. Dort waren Dutzende muslimische Flüchtlinge hingekommen und suchten soziale Hilfe. Sie erhielten Kleindung, etwas zu essen und auch Bibelstunden. Bei einer solchen Versammlung kam ein iranischer Mann auf mich zu und sagte: „Ich habe dich gestern in meinem Traum gesehen. Du hast mir etwas Wichtiges mitzuteilen.“ Dann studierten wir zusammen die Bibel, und er erkannte den Sabbat und nahm ihn an. Ich werde die Bibelstunden mit ihm noch fortführen, wenn ich wieder in sein Land komme.

Ich kann darum meine Glaubensgeschwister hier und in anderen Ländern nur ermutigen, Iranern das Evangelium zu bringen. Ihr werdet auf offene Türen stoßen!

Danke für dieses Gespräch und Gottes Segen auf deinem Lebensweg!

Vielen Dank für die Einladung.


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