Israeltheorie formt US-Außenpolitik
In der vergangenen Woche hielt Christians United for Israel, die größte pro-israelische Organisation Amerikas, ihr jährliches Gipfeltreffen ab. Die Veranstaltung war gefüllt mit den Reden hochrangiger Beamter aus Israel und den USA. Zu ihnen zählten etwa Israels Präsident Reuven Rivlin und US-Außenminister Mike Pompeo.
Jene Besetzung verwundert kaum, wenn man bedenkt, dass John Hagee, Gründer und Vorsitzender der Organisation, eine nicht unerhebliche Rolle in der Nahostpolitik der Vereinigten Staaten spielt. So soll Hagee an Trumps Besprechung zum Nahost-Friedensplan im Weißen Haus teilgenommen haben. Des Weiteren behauptet er, Trump bei der Entscheidung beeinflusst zu haben, die amerikanische Botschaft in Israel von Tel-Aviv nach Jerusalem zu verlegen.
Die Ideologie, die Hagee und seine Organisation vertreten, ist mitunter bekannt als Israeltheorie. Diese Theorie, der sich eine große Zahl evangelikaler Christen verschrieben hat, misst dem israelischen Staat in nicht allzu ferner Zukunft eine besondere Bedeutung in der göttlichen Heilsgeschichte bei. Demnach erwartet man eine Massenbekehrung der Juden zu Jesus als ihrem Messias. Anhänger dieser Lehre glauben, dass die Vereinigten Staaten den gottgegebenen Auftrag haben, den israelischen Staat zu beschützen, bis Jesus Christus mit Seinen Heiligen auf die Erde zurückkehren soll, um den Antichristen zu besiegen und Sein Reich in Israel aufzurichten. Bis das soweit ist, soll Israel durch irdische Mächte verteidigt werden. So sind gegenwärtig etliche Christen beseelt von dem Gedanken, dass die USA von Gott dazu bestimmt worden sind, auf geopolitische Weise das prophetische Schema der Israeltheorie sicherzustellen. John Hagee und seine Anhänger begrüßen dementsprechend den Gebrauch militärischer Macht, um „Gottes Willen“ auszuführen.
Der politische Einfluss dieser evangelikalen Ideologie ist bemerkenswert. US-Vizepräsident Mike Pence unterstützt Christians United for Israel öffentlich. Außenminister Mike Pompeo glaubt gar, dass Gott Donald Trump erweckt haben könnte, um Israel zu verteidigen – wie einst die jüdische Königin Ester zur Zeit des babylonisch-persischen Exils.
Auch wenn sich die Bewegung von Christians United for Israel selbst für eine Erfüllung biblischer Prophetie hält, so basiert die Israeltheorie in Wirklichkeit nicht auf den biblischen Weissagungen – nein, vielmehr widerspricht sie ihnen. Jesus selbst sagt:
Mein Reich ist nicht von dieser Welt. Wäre mein Reich von dieser Welt, meine Diener würden darum kämpfen, dass ich den Juden nicht überantwortet würde; aber nun ist mein Reich nicht von hier. — Johannes 18,36
Christen unserer Zeit sollten die hoffnungsvollen und herzverändernden biblischen Prophezeiungen in ihrem rechtmäßigen Sinn verkünden, statt sie für politische Zwecke zu benutzen.