Notre Dame

Als das verherende Feuer in der Nacht von 15. auf 16. April den Dachstuhl und weite Teile der Kathedrale von Notre-Dame zerstört hatte, versprach Emmanuel Macron, die Kathedrale innerhalb von 5 Jahren wieder aufzubauen. Vor kurzem, am 7. Dezember 2024, fünfeinhalb Jahre nach dem Brand, fand die Wiedererffnung von Notre-Dame in Paris vor den Augen einer staunenden Öffentlichkeit im Rahmen einer weltweit beachteten Zeremonie statt.

Nicolas Torquet, CC BY-SA 2.0, via Wikimedia Commons

Als am Abend des 15. April die Kathedrale des Notre-Dame in Flammen aufgegangen war, die größtenteils 800 Jahre alten Eichenbalken des Dachstuhls brannten, der schlanke Vierungsturm aus Holz und Blei zur weithin sichtbaren Fackel wurde und schließlich einstürzte, „wurde damit wurde eines der zentralen Baudenkmäler der europäischen Gotik schwerst beschädigt. Seit 1991 UNESCO-Weltkulturerbe, gilt die Kathedrale von Notre-Dame als herausragendes Baukunstwerk, dessen Bedeutung weit über den europäischen und religiösen Kontext hinausgeht“, bemerkt unesco.at und zitiert UNESCO- Generaldirektorin Audrey Azoulay: „‚Unsere Herzen sind gebrochen‘“ Notre Dame sei „ein historisch, architektonisch und spirituell außergewöhnliches universelles Erbe. […] Ein Erbe Frankreichs, aber auch der gesamten Menschheit.“

Was aber macht das Notre-Dame in Paris so besonders? Was ist die Ursache dafür, dass die Kathedrale jährlich 13 Millionen Besucherinnen und Besucher aus aller Welt anlockt und deren mittelalterliche Dachkonstruktion aus rund 1300 Eichen ehrfürchtig „der Wald“ genannt wird? Diese wurde bei dem Brand vernichtet, rund 650 Feuerwehrleute hatten verhindert, dass das Gebäude komplett zerstört wurde.

Zur Wiedereröffnung von Notre-Dame am Abend des 7. Dezember 2024 sind 2.400 Gäste aus aller Welt geladen – darunter Trump, Selensky und der deutsche Bundespräsident Steinmeier. Die Königshäuser Belgiens, Monacos und Großbritanniens sind vertreten. Neben Staatschefs sind Mäzene, Spender, Handwerker vertreten. Macron hält eine elfminütige Rede, seine Worte hallen durch Notre Dame wie eine „Predigt, wie die WELT berichtet. „Schöner als zuvor“, sei Notre Dame wiederauferstanden. Musik hallt durch die Kathedrale, Lang-Lang und Yo-yo Ma spielen, das Te Deum und das Magnifikat, der Lobgesang für Maria, werden gesungen.

Denn Notre-Dame ist zu allererst ein katholisches Haus, wie ihr Name (aus dem Französischen: Unsere-Dame) schon sagt, sie ist Maria gewidmet. Der 8. Dezember – der zweite Tag der Eröffnungszeremonie – ist der Tag, der von Katholiken als Tag der unbefleckten Empfängnis Marias gefeiert wird. Dies beinhaltet die Vorstellung, dass Maria sündlos war, woraus wiederum die Forderung nach einem Dogma laut wurde: Weltweit wurden mehrere Millionen Unterschriften, darunter die von hunderten Bischöfen, „für eine Petition gesammelt, Maria in den Rang einer ‚Miterlöserin‘ zu erheben.“ Was als Dogma (noch?) nicht verkündet wurde, ist als Volksglaube schon lange vorhanden und wird von vielen Geistlichen gefördert. Allerdings steht dieses Verständnis in direktem Widerspruch zur Bibel, der zufolge allein von Jesus gesagt wird, dass er ohne Sünde war (Hebräer 4, 15). Auf alle anderen Menschen, einschließlich Marias, trifft das nicht zu: „… denn alle haben gesündigt und verfehlen die Herrlichkeit, die sie vor Gott haben sollten“, (Römer 3,23).

Obwohl Notre-Dame an einem katholischen Feiertag, der eine katholische, unbiblische Lehre ins Zentrum rückt, wiederöffnet wurde, war ein geladener Gast nicht zugegen: Papst Franziskus. „Französische Medien sprechen von einem Affront gegen Staatspräsident Emmanuel Macron“, berichtet Domradio. Statt dessen reist der Papst auf das seit 1769 zu Frankreich gehörende Korsika. Von der Insel Korsika wiederum stammt Kaiser Napoleon. Dieser wiederum hatte seinerzeit den damaligen Papst zu seiner Krönung nach Paris eingeladen hatte. Dort sollte der Papst auch die Krönung des Kaisers vornehmen. Napoleon aber nimmt die Krone und krönt sich selbst, Pius VII. Ist nicht mehr, als „Augenzeuge wider Willen“. Auch das war ein Affront. Ein Zusammenhang? Vatikanexperte und Buchautor Ulrich Nersinger, von Domradio interviewt, weist auf diese Möglichkeit hin und ergänzt: „Es ist trotzdem kaum zu verstehen, warum der Papst etwa nicht in Paris war. Wenn man bedenkt, dass der französische Präsident Macron ja auch ein Jesuitenschüler war und Ehrendomherr des Laterans ist.“ Der Papst, wie schon bei der Selbstkrönung Napoleons, nur als Statist anwesend? Es scheint, dass Franziskus im Politorchester neben Trump und Macron nur für die erste Violine zur Verfügung steht. Dritte Geige ist keine Option.

Kardinal Bustillo äußert in einem Interview mit Vatican News: Vielleicht sei die starke traditionelle Volksfrömmigkeit auf Korsika, die sich spürbar von dem sonst in Frankreich gepflegten Laizismus unterscheide, ein weiterer Grund sein könne, weshalb der Papst die Insel besuchen wolle. Hadert Franziskus, ebenfalls Jesuit, dass der Katholizismus in Frankreich nach der französischen Revolution nie wieder so stark wurde, wie er einmal war? In einer päpstlichen Botschaft anlässlich der Eröffnungsfeier „drückte der Papst die Hoffnung aus, dass die ‚Wiedergeburt‘ von Notre-Dame ‚ein prophetisches Zeichen für die Erneuerung der Kirche in Frankreich‘ sein möge. ‚Ich lade alle Getauften, die diese Kathedrale freudig betreten werden, ein, berechtigten Stolz zu empfinden und ihr Glaubenserbe zurückzuerobern.‘“

Im Interesse Frankreichs muss man hoffen, dass diese Worte nicht wahr werden. Denn welches Glaubenserbe besitzt Frankreich? Die Reformation hatte es abgelehnt. Die protestantischen Hugenotten wurden vertrieben und verfolgt, der restriktive Katholizismus führte auf direktem Weg in die grausame französische Revolution. Mit großer Härte wurde alles abgeschafft, was mit Glaube auch nur im entferntesten zu tun hatte. Das Blut floss in Strömen. Die größte Niederlage des Vatikans ging vom Boden Frankreichs aus. Während der Französischen Revolution wird der Schatz von Notre-Dame geplündert, seine Statuen werden enthauptet und zerstört, seine Turmspitze abgebaut. „Ihrer religiösen Funktion beraubt“, wird sie als „Tempel der Vernunft“ bezeichnet und als Weinlager genutzt. Herrschaftsgebiete des Vatikan werden förmlich „zermalmt“. Bis heute weht der Geist dieser Schneise der Zerstörung, die damals Frankreich verwüstete, im Land der Trikolore, der sich in immer wieder neu aufflammenden Protesten und Aufständen zeigt.

In Offenbarung 13 ist von einem Tier die Rede, welches symbolisch für eine weltliche Macht mit geistlichem Anspruch steht. Die Reformatoren identifizierten dieses Tier mit dem päpstlichen Rom. Ein Kopf dieses Tieres sieht Johannes als „tödlich verwundet“, aber diese tödliche Wunde sollte wieder heilen, so dass die „ganze Erde“ verwundert dem Tier nachsehen würde (Offenbarung 13,3.12). Dieser Heilungsprozess ist in vollem Gang; sein Abschluss, die damit verbundene Machtfülle und der Geist der Verfolgung sind wohl das, was Papst Franziskus herbeisehnt, wenn er die Getauften, die diese Kathedrale […] betreten werden, auffordert, „ihr Glaubenserbe zurückzuerobern“.

StpH, 10.12.2024


Kommentare auf dieser Website sollen für nachfolgende Besucher von Nutzen sein. Unsere ganz subjektiven Moderatoren mögen daher Beiträge, die zum Thema passen, kultiviert sind und Lesewert mitbringen.